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Verdiente Strafe für Finanzmonster Madoff

29. Juni 2009

Bernard Madoff (71) ist zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er bekannte sich nicht nur des Milliardenbetrugs schuldig, sondern auch der Untreue und der Geldwäsche. Das Urteil hat er verdient, meint Henrik Böhme.

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Bild: DW

In Bernard Madoff spiegelt sich die ganze Krise wieder. Diese grenzenlose Gier, diese Blindheit, mit der nicht wenige dazu beigetragen haben, dass diese Krise zu dem wurde, was sie ist: Eine absolute wirtschaftliche Katastrophe. Von Menschen gemacht. Weil wir eben immer wieder schwach werden, wenn uns jemand zweistellige Renditen verspricht. Und weil dann niemand die Frage stellt: Wie kann das gehen?

Skrupelloses Handeln

Bernard Madoff auf dem Weg zum Gericht (Foto: AP)
Bernard Madoff auf dem Weg zum GerichtBild: AP

Im Fall des Bernard Madoff freilich liegen die Dinge noch um ein Vielfaches schlimmer. Bei ihm durfte nur vorsprechen, wer ein paar Millionen anlegen wollte. Weil Madoff zur New Yorker High Society gehörte, und sich somit seine Kundschaft zu Teilen aus diesen Kreisen rekrutierte, hält sich mein Mitleid in den meisten Fällen in Grenzen. Auch etablierte Banken aus Europa haben Madoffs Rendite-Versprechungen geglaubt. Sie hätten es besser wissen müssen. Aber auch so mancher Pensionsfonds träumte vom "big deal" – nun aber stehen viele Menschen, die ihr Geld wiederum den Fonds anvertraut hatten, gleichfalls vor dem Ruin. Und wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie skrupellos Madoffs Handeln war: Auch der Holocaust-Überlebende und Friedens-Nobelpreisträger Elie Wiesel hatte fast das gesamte Vermögen seiner Stiftung in Madoffs betrügerische Hände gelegt. Nicht einmal das bereitete dem Finanzjongleur ein schlechtes Gewissen.

Ob Wiesels Stiftung und viele andere Opfer von ihrem Geld je etwas wiedersehen werden, das steht in den Sternen. Das System funktionierte offenbar reibunglos über viele Jahre hinweg: Die Rede ist von über 13.000 Anlegern – identifiziert ist bislang erst ein Bruchteil der Fälle mit einem Verlust von bis zu 17 Milliarden Dollar. Madoff selbst sprach bei seiner Verhaftung im Frühjahr und am Tag der Urteilsverkündung von Scham, die er empfinde und Schmerz, den er anderen zugefügt habe. Niemand nimmt ihm diese Heuchelei ab. Der einstige Wall-Street-Halbgott ist zum Monster mutiert.

Fragen und Antworten

Henrik Böhme, Deutsche Welle, Wirtschaftsredaktion
Henrik Böhme, Deutsche Welle, Wirtschaftsredaktion

Bei aller verständlichen Wut der geprellten Anleger: Zwei Fragen müssen erlaubt sein: Erstens: Warum klappt es immer wieder, dass Menschen auf die Versprechungen solcher Betrüger hereinfallen? Und zweitens: Warum ist Madoffs Treiben den Aufsichtsbehörden nicht aufgefallen?

Die Antworten: Die Gier ist in uns allen drin. Wir wollen – ob Otto Normalverbraucher oder Millionär – immer die besten Zinsen und den billigsten Preis. Damit protzen wir dann vor unseren Freunden. Wer etwas zu teuer gekauft hat, gilt schlicht als uncool. Das macht es Betrügern leicht, nicht nur den dicken Fischen wie Madoff.

Die Anwort auf die Frage nach der Rolle der Finanzaufsicht fällt schwerer. Denn schließlich hat diese Aufsicht, ob in den USA oder auch in Europa, nicht nur im Fall Madoff versagt. Weil aber zuviel Kontrolle und Regulierung vor allem in den USA politisch nicht erwünscht war, konnte sich das Subprime-Virus langsam rund um den Globus vorarbeiten und sein schädliches Werk in aller Ruhe verrichten. Madoffs Milliarden fielen da nicht weiter auf.

Das Urteil gegen den größten Betrüger aller Zeiten musste so hart ausfallen. Ob es abschreckende Wirkung hat, darf allerdings bezweifelt werden. In manchen Banken wird schon wieder über die Höhe der Bonus-Zahlungen verhandelt. Der Chef der Deutschen Bank hat kürzlich erst sein Renditeziel von 25 Prozent bekräftigt.

Die Gier kommt zurück – und dabei sind noch nicht mal die Trümmer der aktuellen Krise aufgeräumt.

Autor: Henrik Böhme

Redaktion: Karl Zawadzky