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Solidarität mit Griechenland

13. Februar 2012

Nach dem griechischen Ja zu einem neuen Sparpaket ist der Weg frei für weitere europäische Hilfe. Doch Athen braucht mehr als Sparauflagen und Finanzhilfen, es braucht echte europäische Solidarität, meint Bettina Marx.

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Bild: DW

Es gibt keinen Grund für Deutschland, zufrieden zu sein mit der Entscheidung des griechischen Parlaments, ein neues drastisches Sparpaket zu schnüren. Denn die erneuten tiefen Einschnitte, mit denen die griechischen Bürger für die verfehlte Politik in Athen und Brüssel bezahlen müssen, werden dem Land nicht helfen. Im Gegenteil, sie werden den Teufelskreis von steigender Arbeitslosigkeit und Rezession noch verschärfen. Sie werden das mangelnde Vertrauen der griechischen Öffentlichkeit in die eigene Führung und in die europäische Solidarität verstärken und weitere Unruhen provozieren - mit allen negativen Folgen, die das wiederum mit sich bringen wird. Denn welcher Urlauber möchte in einem von Demonstrationen und gewalttätigen Ausschreitungen erschütterten Land Urlaub machen und welcher ausländische Investor möchte sein Geld in ein solches Land stecken?

Und wie soll die griechische Wirtschaft einen Aufschwung schaffen, wenn die Bürger sich nichts mehr leisten können, wenn Tausende Staatsdiener in die Arbeitslosigkeit entlassen, wenn Renten und Löhne gekürzt werden und immer mehr Betriebe pleite gehen?

Fehler der Vergangenheit

Jetzt rächt sich die jahrelange falsche Politik der griechischen Regierungen. Sie haben es versäumt, eine schlagkräftige Verwaltung aufzubauen und ein funktionierendes Steuersystem, das auch die Leistungsstarken nicht aus der Verantwortung entlässt. Die Mittel aus den EU-Strukturfonds haben sie verplempert und verschleudert, anstatt in eine zukunftsträchtige Infrastruktur und in den Ausbau der Wirtschaft zu investieren. Und sie haben sich mit gefälschten Zahlen die Aufnahme in die Euro-Zone erschlichen.

Doch nicht nur in Athen wurde getrickst. In Brüssel und in den europäischen Hauptstädten fanden die griechischen Politiker willige Partner, die alles mitgetragen haben, die die Augen verschlossen haben vor dem Offenkundigen. In Berlin zum Beispiel fanden sie eine Regierung, die der grotesk überrüsteten Armee dieses armen europäischen Randstaates mit seiner 11-Millionen-Bevölkerung die teuersten und modernsten Waffen verkaufte, die Deutschland zu bieten hat.

Europäische Solidarität

Es ist also zu leicht, Griechenland allein an den Pranger zu stellen. An dieser griechischen Tragödie haben auch die Europäer und an ihrer Spitze die Deutschen ihren Anteil. Seit zwei Jahren stoßen sie Athen immer weiter in den Schuldenstrudel. Dabei gäbe es Alternativen. Zum Beispiel könnte das Geld der EZB, das den Banken für unanständig niedrige Zinsen zur Verfügung gestellt wird, damit diese es wiederum den Griechen zu Wucherzinsen weiter verleihen, direkt und zu einem erträglichen Zinssatz an Athen fließen. Es könnte ein europäisches Konjunkturpaket für Griechenland aufgelegt werden, mit dessen Hilfe die griechische Wirtschaft belebt werden könnte.

Europa ist mehr als eine Wirtschafts- und Währungsunion. Europa ist auch eine Solidar- und Schicksalsgemeinschaft. Als Anfang und Mitte der achtziger Jahre die Südstaaten Griechenland, Portugal und Spanien in die europäische Gemeinschaft aufgenommen wurden, geschah dies ausdrücklich auch, um die damals jungen Demokratien nach Jahren der Militärherrschaft zu stabilisieren. Heute ist Europa dabei, die Demokratien in diesen Ländern mit einer neoliberalen und unsolidarischen Sparpolitik kaputt zu machen. Dabei ist Deutschland mit Blick auf seine Geschichte im letzten Jahrhundert mehr als jedes andere Land des Kontinents in der Pflicht, sich solidarisch zu zeigen. Noch ist in Griechenland unvergessen, welches Leid die grausame deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs über das Land gebracht hat.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Bernd Gräßler