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Politik

Kolumbien: Santos geht, der Frieden bleibt

Jose Ospina-Valencia
José Ospina-Valencia
7. August 2018

Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos, der 2016 das Abkommen mit der FARC-Guerilla aushandelte, scheidet aus dem Amt. Ein war Staatschef, der Krieg führen und Frieden schließen konnte, meint José Ospina-Valencia.

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Kolumbien Präsident Juan Manuel Santos Rede in Bogota
Bild: Reuters/Colombian Presidency

"Wer die Geschichte nicht schreibt, dem wird sie geschrieben", sagte Juan Manuel Santos 2009 in Bogotá, als er sein Buch "Schach dem Terror" präsentierte. Darin beschreibt er den unerbittlichen Kampf gegen die FARC-Guerilla, den er als Verteidigungsminister bis zu einem Punkt ohne Umkehr führte: Die FARC erkannte, dass ihr bewaffneter Kampf sinnlos geworden war und dass es besser wäre, einen Frieden zu verhandeln und den Rechtsstaat zu akzeptieren.

Santos hatte nicht gezögert, die Lager der durch Drogenschmuggel korrumpierten Guerilla zu bombardieren. Ebenso wenig zögerte er auch nicht, Kolumbien auf den Weg des Friedens zu führen. Auch das war unumkehrbar.

Aber das offenbarte auch einen beschämenden Aspekt der kolumbianischen Gesellschaft: Solange Santos Krieg führte, schoss seine Popularität mit der Geschwindigkeit von kolumbianischen Kampfflugzeugen in die Höhe. Aber als er die Karten für die Verhandlung eines Friedensabkommens auf den Tisch legte, begann seine Beliebtheit zu schwinden, bis sie dieser Tage auf einen Tiefpunkt von 14 Prozent gesunken war. Als ob die mehr als 250.000 Todesopfer dieses Konflikts niemanden interessierten.

Ein blutrünstiges Volk?

Juan Manuel Santos war 2010 Präsident eines Landes geworden, das ebenso erschöpft von der Gewalt war wie resigniert von dem Gedanken, dass nur mehr Gewalt eine Lösung bringen könne. Generationen von jungen Menschen waren mit der Vorstellung aufgewachsen, dass es nur zwei Lebensformen gab: Opfer oder Täter. Aus dieser Resignation speisten sich die Reihen der Guerilla, der Paramilitärs, der kriminellen Banden, der Drogenkartelle in einem Krieg gegen alle Prinzipien der Zivilisation.

Jose Ospina-Valencia
José Ospina-Valencia, Redaktion DW-LateinamerikaBild: DW

Der bewaffnete Konflikt kostete nicht nur mehr als 250.000 Menschenleben. Innerhalb von 53 Jahren gab es mehr als 80.000 Verschwundene, über 37.000 Geiselnahmen, unzählige Vergewaltigungen. Etwa 18.000 Kindersoldaten. Rund 4.400 Massaker, bei denen allein etwa 25.000 Menschen starben. Kolumbien verwandelte sich in ein Schlachtfeld ohne Ausgang, ohne Optionen, ohne Zukunft. Und immer zählten nur die Toten der jeweils eigenen Seite. Die Entmenschlichung der Gesellschaft ist einer der Gründe dafür, dass es Santos so viel gekostet hat, sie von einer Friedenslösung zu überzeugen.

Während viele Menschen noch über Santos' entscheidende Schläge gegen die Guerilla jubelten, wurde zum Präsidenten gewählt. Fortan zeigte er, dass es in Kolumbien auch Menschen gab wie Humberto de la Calle, den späteren Chef-Unterhändler im Friedensprozess, und die vielen Frauen und Männer seiner Mannschaft. Menschen, die um des Friedens willen in der Lage waren, Guerillaführern in die Augen zu sehen, die das Land gemartert hatten. Und auch die Mehrheit der Guerillamitglieder bewies, dass sie Menschen waren, schuldig oder unschuldig, aber so arm wie die Soldaten, denen sie gegenüber gestanden hatten und mit derselben Lust auf die Vorteile der Demokratie in Kolumbien, so unvollkommen sie auch sein möge.

Santos weckte die Menschlichkeit

Mit seiner Idee eines Friedensabkommens berührte der Präsident die menschliche Saite in Millionen Kolumbianern, die von dem blinden kriegerischen Diskus anderer politischer Führer genug hatten. Vor allem bei der Jugend gelang es ihm, die Menschlichkeit zu wecken, ja, zu retten. Sie ist eine Generation, die für eine Zukunft in Frieden kämpfen muss und sich keine neuen Kriege einreden lassen darf.

Selbstverständlich hat Santos nicht alles richtig gemacht. Die Sicherheitslage ist sehr viel besser geworden, aber die zahlreichen Morde an politischen Aktivisten sind besorgniserregend. Viele Friedensversprechen an die Guerilla wurden noch nicht umgesetzt. Die Korruption, die eigentliche Krankheit Kolumbiens, zieht immer noch den ehrlichen Arbeitern das Geld aus der Tasche, so dass viele nichts davon haben, dass Kolumbien laut Internationalem Währungsfond das zweithöchste Wirtschaftswachstum Lateinamerikas aufweist - eine Erholung, die zum Teil dem Frieden zu verdanken ist.

Juan Manuel Santos, ein Demokrat

Geht es Kolumbien 2018 besser als 2010? Ja, wenn auch nicht in allen Aspekten. Die Kolumbianer hatten einen Menschen gewählt, keinen Zauberer. Santos wurde Präsident, obwohl er nicht das Charisma eines Anführers hat, eines "Caudillo" - was sich als Glück erwies.

Denn eines hat Juan Manuel Santos ohne jeden Zweifel bewiesen: Er ist ein Demokrat. Gibt es eine bessere Qualifikation für einen lateinamerikanischen Politiker? Einen, der nach den friedlichsten Wahlen der kolumbianischen Geschichte sein Amt abgibt? Und der ein Land zurücklässt, das auf dem Weg zum Frieden ist? Die Kolumbianer sind es, die diesen Frieden nun festigen müssen.

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