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Kommentar: Sagt Ja zur Klimaabgabe!

Nils Zimmermann, DW (Foto: DW)
Nils Zimmermann
1. Juli 2015

Die Bundesregierung entscheidet zur Stunde über eine Klimaabgabe auf Braunkohlekraftwerke. DW-Kommentator Nils Zimmermann plädiert für ein Ja - und für Unterstützung für alle, die dadurch ihren Job verlieren.

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Deutschland: Kohlekraftwerk in Gelsenkirchen (Foto: AP/picture alliance)
Bild: picture-alliance/AP/M. Meissner

Seit März ist ein Vorschlag von Energie- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ein heißes Eisen in der deutschen Klimapolitik: Sollen Kohlekraftwerke, die besonders viel Kohlendioxid ausstoßen - also vor allem ältere Braunkohlekraftwerke - eine Sonderabgabe auf Emissionen bezahlen, die über einem bestimtmen Grenzwert liegen?

Die richtige Antwort aus klimapolitischer Perspektive lautet: Ja.

Aber die Gewerkschaften, die Arbeiter der Kohleindustrie vertreten, laufen dagegen Sturm, weil sie befürchten, dass besondere Dreckschleudern wegen Unwirtschaftlichkeit früher abgeschaltet werden. Auch die Industrie protestierte gegen die höheren Kosten. Energieminister Sigmar Gabriel ruderte zurück - wenige Wochen nach Veröffentlichung der Gesetzesvorlage ist unklar, ob die Klimaabgabe als politisches Projekt noch durchsetzbar ist.

Rasch, aber fair kompensiert

Doch ein Nein wäre eine verpasste Chance, denn eine direkte Besteuerung von CO2-Ausstößen ist längst überfällig. Sogar die sechs größten Ölfirmen Europas plädieren für eine Kohlendioxidsteuer. Wirtschaftswissenschaftler betonen seit Jahrzehnten, dass der marktwirtschaftlich effizienteste Weg zu einem emissionsarmen Energiesystem über den Preis läuft.

Wichtig ist, die Arbeiter in der Kohlewirtschaft dabei nicht abzuhängen. Die Einnahmen der Klimaabgabe sollten ihnen zugute kommen - als Umschulungen und Investitionen in die Kohleförderregionen und in neue, gute Arbeitsplätze. Solch ein Strukturwandel ist weltweit überfällig. Leider steht er im Hause Gabriel bisher nicht auf der Tagesordnung. Dort will man "Strukturbrüche" und einen kompletten Ausstieg aus der Kohle vermeiden.

Nils Zimmermann, DW-Wirtschaftsredaktion (Foto: DW)
Nils Zimmermann, DW-Wirtschaftsredaktion

Deutschlands Verantwortung

Dabei haben die umweltpolitischen Entscheidungen Deutschlands eine Signalwirkung, die weit über den realen CO2-Ausstoß hinausgeht. Deutschland ist reich, hochtechnisiert und hochrespektiert in China und Indien als das Land hochkarätiger Technik - besonders Umwelt- und Energietechnik. Wenn wir den Kohleausstieg forcieren, können wir China und Indien motivieren, mitzuziehen. Wenn wir aber warten, können wir diesen Ländern keine Vorhaltungen wegen ihrer Emmissionen machen.

Wenn wir also eine weltweite Klimakatastrophe vermeiden wollen, müssen Sigmar Gabriel und Angela Merkel - beide ehemalige Umweltminister - Flagge zeigen.

Nur Mut, Herr Gabriel und Frau Merkel!

Am Montag hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der die Bundesregierung berät, in seinem Bericht "Zehn Thesen zur Zukunft der Kohle bis 2040" gefordert: Sucht einen gesellschaftlichen Konsens zum Kohleausstieg und vermeidet die Konflikte, die den langwierigen Ausstieg aus der Atomwirtschaft begleitet haben. Um einen solchen Konsens und einen Weg dahin zu finden, sollte die Bundesregierung ein Gremium aus Klimawissenschaftlern, Energietechnikern, Gewerkschaftern und Regierungsvertretern aufstellen. Das sollte beraten, wie aus den gegnerischen Interessen eine Win-Win-Situation werden kann. Wie kann der Weg aus dem Kohlezeitalter der Bundesrepublik einen Nettovorteil bringen und die Verlierer des Kohleausstiegs kompensieren?

Diese Fragen sind nicht naiv. Es gibt viele kluge Köpfe, die seit Jahren intelligente Antworten geben. Man muss sie nur zu Rate ziehen, und dann, lieber Minister Gabriel, geehrte Bundeskanzlerin Merkel, müssen Sie den Mut haben, ihren guten Rat auch umzusetzen.

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