Ein gespaltenes Land
Es war eine Zitterpartie, wie zuletzt in Österreich. Vier Tage lang wurden die Peruaner unter Spannung gehalten, und der Abstand zwischen dem knapp vorn liegenden Pedro Pablo Kuczynski (genannt PPK) und Keiko Fujimori wurde immer kleiner. An jeder Ecke wurden hitzige Diskussionen über die Vor- und Nachteile der Kandidaten geführt. Immerhin mobilisierte die intensive Debatte die Wähler - rund 81 Prozent von ihnen gingen an die Urnen. Das waren trotz gesetzlicher Wahlpflicht im Land auch schon deutlich weniger. Und Peruaner jeden Alters und jeder Couleur verfolgten die Auszählung der Stimmen wie ein Fußballspiel gegen den Erzrivalen Ecuador.
Die polarisierte Gesellschaft
Peru erweist sich mit dieser Wahl als eine komplett polarisierte Gesellschaft. Das Land ist zweigeteilt: Eine Hälfte gehört zu den treuen Fujimori-Unterstützern, denjenigen, die sich noch an die "guten Taten" von Alberto Fujimori erinnern. Immerhin befreite er Peru vom Terrorismus des "Leuchtenden Pfads" und kurbelte die Wirtschaft an. Fragwürdig sind aber nach wie vor die Instrumente, die er für diese Erfolge einsetzte. Um ungehindert regieren zu können, schaffte Alberto Fujimori das Parlament komplett ab. Vor allem durch Kontrolle der Medien und Verfolgung der Opposition hielt er sich an der Macht. Heute sitzt er wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen im Gefängnis.
Nach seiner dramatischen Trennung von der damaligen First Lady ersetzte der Autokrat Fujimori sie in dieser Funktion durch seine Tochter Keiko, die heutige Präsidentschaftskandidatin. So kam sie schon früh, mit 22 Jahren, zu ihrer ersten politischen Funktion. Später wurde sie Abgeordnete im peruanischen Parlament, vor fünf Jahren kandidierte sie erstmals für die Präsidentschaft und verlor auch damals nur knapp gegen den jetzigen Amtsinhaber, Ollanta Humala. In den Wahlkampf 2016 kehrte Keiko Fujimori gestärkt zurück. Eine ihre erfolgreichsten Methoden zur Ausbreitung ihrer Partei "Fuerza Popular", die sie personifiziert, hat sie vom Vater gelernt: den Populismus.
Pedro Pablo Kuczynski verkörpert hingegen alle Stimmen, die sich anders an das Kapitel Fujimori der peruanischen Geschichte erinnern. Die seinen Namen nicht nur auf Erfolge reduzieren und glorifizieren, sondern auch den damaligen Niedergang der Demokratie sehen. Diese Anti-Fujimori-Bewegung ist dadurch charakterisiert, dass sie eine bunte Mischung von politischen Richtungen und Aktivisten darstellt. Nur eines haben sie gemeinsam: "Nie wieder Fujimori" ("Fujimori nunca más"). So erklärt sich auch, warum alle Gegner von Keiko Fujimori für PPK gestimmt haben.
Welchen Preis wird Kuzcynski zahlen?
Ein derart gespaltenes Land kann nur dann regiert werden, wenn die verschiedenen Lager miteinander reden. Das wird die größte Aufgabe von PPK sein, was er in seiner ersten Rede als gewählter Präsident Perus auch bereits hervorgehoben hat. Das Parlament wird mit 73 der 130 Sitze von Fujimoris "Fuerza Popular" kontrolliert. Wenn PPK die vielen versprochenen Reformen und - wie der Name seiner bewusst falsch geschriebenen Partei "Peruanos por el kambio (PPK)" schon sagt - einen Wandel in Peru voranbringen möchte, wird er mit Keiko Fujimori einen Pakt schließen müssen. Einer seiner ersten Sätze nach der Bestätigung seines Sieges war: "Wenn wir Fortschritte machen möchten, nach vorne schauen möchten, müssen wir zusammenhalten. Ein gespaltenes Peru wird nicht vorankommen."
Worte, die sich klar an Keiko Fujimori richteten, die die Hälfte des Landes und mehr als zwei Drittel des Parlamentes hinter sich hat. Aber auch die Tochter des inhaftierten ehemaligen Autokraten weiß wohl ziemlich genau, welchen Preis sie für den Dialog verlangen wird. In Peru kann nämlich nur der Präsident der Republik eine Amnestie aussprechen.
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