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Wahlen in Mazedonien

Zoran Jordanovski28. April 2014

Der bisherige Regierungschef zeigt sich als unglücklicher Wahlgewinner, die unterlegenen Sozialdemokraten als schlechte Verlierer. Dabei hat das Land eine Kultur des politischen Dialogs nötig, sagt Zoran Jordanovski.

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Zoran Jordanovski, Leiter der mazedonischen Redaktion der DW (Foto: DW)
Bild: DW/P. Henriksen

Nikola Gruevski, Regierungschef und Vorsitzender der national-konservativen Partei VMRO DPMNE, ist Sieger der gleichzeitigen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Mazedonien. Seine Partei bleibt aber auch im neuen Parlament die stärkste Fraktion und sein Kandidat Gjorge Ivanov für weitere fünf Jahre der Staatspräsident Mazedoniens. Trotzdem ist für Gruevski nicht alles optimal gelaufen. Sein Ziel, die absolute Mehrheit im Parlament zu gewinnen, konnte er nicht erreichen. Dazu fehlt ihm ein einziger Parlamentssitz.

Bei der Regierungsbildung wird Gruevski es nun wieder mit seinem bisherigen Koalitionspartner zu tun haben - der Demokratischen Union der Albaner (DUI). Diese Partei ist allerdings aus den Wahlen gestärkt hervorgegangen, und genau das wollte Gruevski vermeiden, denn es wird die Koalitionsverhandlungen nicht einfacher machen.

Vorwurf der Wahlverzerrung

Als schlechte Verlierer stehen die Sozialdemokraten (SDSM) da. Das Wahlergebnis bedeutet für sie ein neues Fiasko: die neunte Wahlniederlage in Folge, acht Abgeordnete weniger als bisher. Angesichts des Debakels hat die SDSM gleich nach der Schließung der Wahllokale angekündigt, den Wahlprozess nicht anerkennen zu wollen. Begründung: der freie Wille des Volkes sei bei der Abstimmung nicht zum Ausdruck gekommen.

Zum Teil stimmt das. Es galten im Wahlkampf nicht die gleichen Bedingungen für alle Parteien. Die regierende VMRO DPMNE hatte erhebliche Vorteile. So hatte sie etwa große mediale Unterstützung, und sie konnte sich auf die vielen Staatsbediensteten verlassen. Der Staat ist nämlich der größte Arbeitgeber in Mazedonien, und von den Angestellten kann man Loyalität erwarten - auch bei der Stimmabgabe. Und nicht nur das: laut SDSM wurde von den Staatsdienern verlangt, nicht nur die eigene Stimme für VMRO DPMNE abzugeben, sondern auch die Stimmen der Familienangehörigen zu sichern.

Nur: nichts davon ist neu. Genau so wie der Vorwurf nicht neu ist, dass die meisten wichtigen Medien der Regierung ergeben sind. Für sie ist das Geld aus der Staatskasse eine der Haupteinnahmequellen, denn die Regierung gibt viel Geld aus für Werbung in eigener Sache. VMRO DPMNE, die seit 2006 an der Macht ist, führt einen fast ununterbrochenen Wahlkampf. Und gleichzeitig werden mit ausländischen Krediten der soziale Frieden und dadurch auch die Zustimmung für die regierende Partei bezahlt.

Die Sünden der Vergangenheit

Trotzdem sollte man von einem Verlierer doch etwas Selbstkritik erwarten. Die SDSM hatte sich nach all diesen Niederlagen innerlich zerfleischt. Ständige Wechsel an der Parteispitze, Unfähigkeit oder Unwilligkeit, eigene Fehler aus der Vergangenheit zu erkennen und öffentlich einzugestehen - all das half nicht, Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen. SDSM ist nicht in der Lage, programmatisch etwas anzubieten, was die Wähler richtig begeistern kann.

Und für vieles, was sie heute beklagt, ist sie mitverantwortlich. Die Tendenz, Medien zu kontrollieren, begann als die mazedonischen Sozialdemokraten von 2002 bis 2006 an der Macht waren. Und nicht alle damaligen Wahlen kann man heute als Beispiel für eine faire und demokratische Stimmabgabe sehen.

Neue Politik braucht das Land

Und nun gar die Ankündigung der SDSM, den gesamten Wahlprozess nicht anerkennen zu wollen. Was will man damit erreichen? Wird die SDSM nun ihre gewonnenen Mandate nicht wahrnehmen? Will sie als außerparlamentarische Opposition agieren? Das wäre kontraproduktiv sowohl für die Partei als auch für die Gesellschaft in Mazedonien. Dem Regierungschef Gruevski wird auch so ein autoritärer Führungstill nachgesagt. Ein Parlament ohne die größte Oppositionspartei würde die autoritären Tendenzen noch weiter verstärken.

Mazedonien ist mit vielen ernsthaften Problemen konfrontiert: Eine schlechte Wirtschaftslage, hohe Arbeitslosigkeit, blockierte Euro-atlantische Integration. Da haben auch die Parteien, die nicht an der Macht beteiligt sind, bestimmte Verantwortung. Gleichzeitig sollte die regierende Partei einen Dialog mit der Opposition suchen, um tragfähige Lösungen für das Land zu finden. Das wäre eine verantwortungsvolle, demokratische Politik im Interesse der Gesellschaft. Leider ist in Mazedonien, wo der politische Gegner eher als Feind betrachtet wird, eine solche Politik noch ziemlich unbekannt.