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Kommentar: Hinrichtungen verhöhnen das Recht

Grahame Lucas28. April 2015

Indonesien hat acht wegen Drogendelikten verurteilte Gefangene hingerichtet. Präsident Joko Widodo hat damit den letzten Rest seiner Glaubwürdigkeit verloren, meint Grahame Lucas.

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Gefangene mit bewaffnetem Wärter Foto: Reuters/Antara Foto/N. Budhiana
Bild: Reuters/Antara Foto/N. Budhiana

Der weltweite Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe hat sich in den vergangenen Monaten ganz auf Indonesien konzentriert. Stärker als jeder andere Fall beweisen diese Hinrichtungen, wie dringlich dieser Kampf ist. Amnesty International nennt die Todesstrafe "grausam, unmenschlich und entwürdigend". Und dabei geht es nicht nur um die Art der Hinrichtung selbst, sondern auch um die seelischen Qualen davor. Die jetzt Hingerichteten haben monatelang unter diesen Qualen, die an Folter grenzten, gelitten, während ihr Fall in den Gerichten verhandelt wurde. Selbst einen geistlichen Beistand ihrer Wahl hat man ihnen vor der Vollstreckung verweigert.

Keine Abschreckung

Lucas Grahame Foto: DW
Grahame Lucas

Der Sinn einer Strafe ist, dass sie eine sichtbare Wirkung hat. Die Anführer der Drogenschmugglerbande, Andrew Chan und Myuran Sukumaran, waren vor zehn Jahren verurteilt worden. Nach allem, was man weiß, haben sie im Gefängnis Reue gezeigt. Doch Indonesiens Präsident Widodo hat dies völlig außer acht gelassen, als er ihre Gnadengesuche ablehnte. Das zeigt, dass hinter der Verhängung der Todesstrafe wegen Drogenvergehen ein politisches Motiv steckt. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die Todesstrafe keine abschreckende Wirkung hat. Hat etwa der Drogenschmuggel in Indonesien aufgehört, seit die Todesstrafe eingeführt wurde? Nein, im Gegenteil, er hat sogar zugenommen. Das wirkliche Problem ist die verbreitete Armut. Es ist aber weit schwieriger, das Problem der Armut zu lösen, als Menschen erschießen zu lassen.

Chance vertan

Widodo ist aber nicht nur einen Plan schuldig geblieben, wie er das Drogenproblem in Indonesien lösen will. Er hat diese Hinrichtungen und die Drohung mit weiteren auch als Ablenkung benutzt, um politische Effekthascherei zu betreiben und die nationale Karte zu spielen. Trotz des Drucks der Opposition hatte Widodo, der erste indonesische Präsident, der unbefleckt von den Jahren der Suharto-Diktatur war, die einmalige Chance, sich als Freund der Menschen- und Bürgerrechte zu beweisen. Dazu hätte er das Moratorium auf die Todesstrafe verlängern können, das sein Vorgänger 2013 beendet hatte, oder er hätte die Todesstrafe ganz abschaffen können. Stattdessen glaubte er, als durchsetzungsstark dazustehen, indem er die Gnadengesuche ablehnte. Doch dieses Argument würde nur ziehen bei einem fairen und gerechten Justizsystem.

Politische Einflussnahme

Eines der stärksten Argumente gegen die Todesstrafe ist, dass Gerichte sich irren und Angeklagte sich oft nicht auf einen fairen Prozess verlassen können. Vor wenigen Tagen hat ein früherer Strafverteidiger enthüllt, was hinter den Kulissen dieses Prozesses ablief. Richter, so wurde behauptet, hätten 130.000 Dollar verlangt, um eine Todesstrafe in eine 20-jährige Haftstrafe umzuwandeln. Dies ist offenbar der Preis für das Leben eines Ausländers in Indonesien. Später haben sich angeblich Beamte auf einer höheren, halbpolitischen Ebene in das Verfahren eingeschaltet und verlangt, die Todesstrafe müsse unabhängig vom Prozessausgang in jedem Fall verhängt werden. All das spricht dem Recht in Indonesien Hohn und zeigt wieder einmal, dass die Todesstrafe dem Armen eher als dem Reichen und dem Ausländer eher als dem indonesischen Staatsbürger droht.

Widodos Doppelmoral

Widodos Glaubwürdigkeit wurde aber noch mehr durch die Tatsache erschüttert, dass er sich einmal dafür eingesetzt hat, einen in Saudi-Arabien zum Tode verurteilten Indonesier vor der Hinrichtung zu retten. Widodo tritt offensichtlich nur dann für die Todesstrafe ein, wenn es ihm politisch gelegen kommt.

Die Empörung über das, was jetzt in Indonesien geschehen ist, wird Jahre anhalten. Der politische Schaden für die Beziehungen mit den Ländern, aus denen die Hingerichteten kommen, ist immens. Vor allem Australien hatte nichts unversucht gelassen, seine Staatsbürger vor dem Erschießungskommando zu retten. All das vermag die Familien der Hingerichteten wohl kaum trösten. Ein winziger Trost für uns alle kann immerhin die Erfahrung sein, welche Welle des Widerstands Widodo mit seiner Besessenheit von der Todesstrafe wegen Drogendelikten entgegenschlägt. Man kann nur hoffen, dass diese Hinrichtungen sich schließlich als Wendepunkt im weltweiten Kampf gegen die Todesstrafe erweisen werden.