Die Handelspartner der USA stehen an einem Scheidepunkt: Der Handelskrieg der USA mit China ist inzwischen auf einem gefährlichen Niveau angelangt, seit das US-Handelsministerium China als "Währungsmanipulator" bezeichnet hat. Dies geschah als Antwort auf die Schwächung der chinesischen Währung, die auf den tiefsten Stand seit 2008 gefallen war.
Peking gestattete in einer wahrscheinlich strategischen Antwort dem Renminbi einen Kursverfall, um seine Handelsvorteile wiederherzustellen und den Folgen von US-Präsident Donald Trumps nächster Strafzollrunde entgegenzutreten: nämlich ab September zusätzlich zehn Prozent Zoll auf chinesische Waren im Wert von 300 Milliarden US-Dollar zu erheben. Das hieße, dass fast alle US-Importe aus China mit Zöllen belegt wären. Gegenwärtig gelten Zölle von 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar.
Sollten die USA weiter diesen destruktiven Weg beschreiten, bedeutete das einen Schaden für die globale Wirtschaft und den internationalen Handel. Diese Politik der spontanen gegenseitigen Vergeltungsmaßnahmen, bei der Zölle beständig erhöht und Währungen abgewertet werden, ist da nur der Anfang.
Globale Auswirkungen
Bei einer weiteren Eskalation könnte Peking US-Staatsanleihen auf den Markt werfen. Damit würde China die Preise in den Keller zwingen, das US-Finanzsystem destabilisieren und seine Position als größter ausländischer Schuldner der USA als Waffe einsetzen. Obwohl China im März US-Schuldverschreibungen im Wert von 20,5 Milliarden US-Dollar verkauft hat - so viel wie seit zwei Jahren nicht mehr - bleibt das Land Amerikas größter Auslandsschuldner, weil es noch US-Papiere im Wert von 1,12 Billionen Dollar hält. In einer Welt gegenseitiger Wechselwirkungen wird das globale Konsequenzen haben.
Seit 2018, als Trump sich daran machte, das Handelsdefizit gegenüber China zu reduzieren, sind beide Länder in einem "Wie-du-mir-so-ich-dir"-Prozess gegenseitiger Handelserschwernisse eingetreten. Sich gegenseitig übertreffend haben sie sich in einen weiter eskalierenden Handelskrieg hineingesteigert. Der Konflikt selbst ist eine gefährliche Fehlinterpretation des "Nullsummenspiels", bei dem der Gewinn eines Landes immer der Verlust eines anderen ist.
Diesen Weg müssen die Handelspartner der USA nicht mitgehen. Ihnen steht ein weiterer Weg offen. Sie könnten auf das Spiel verzichten, dem anderen immer einen Schritt voraus sein zu wollen, und die Zollerhöhungen der USA stattdessen mit einem Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen beantworten. Das würde den Handel von den USA weg und hin zu anderen Ländern lenken, unterstützt durch Handelsabkommen, die mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO abgestimmt sind. Die globalen Wertschöpfungsketten würden sich dem anpassen.
Unter Führung der G20-Staaten, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der WTO sollte man dabei auf Zusammenarbeit setzen. Mit der Teilnahme an regelbasiertem Handel würde nicht nur materieller Erfolg maximiert, sondern auch die soziale Wohlfahrt der Bürger gefördert. Ein solches System würde den Handel nicht zerstören, sondern beleben - mit dem Ziel, dass jedes Land davon profitiert.
Zusammenarbeit gefordert
Diese Art zu handeln beruht nicht auf Altruismus oder einem Bemühen jenseits der berechtigten Interessen eines Landes. Schließlich ist Handel kein reiner Selbstzweck, sondern vielmehr ein Mittel, um menschliche Wohlfahrt innerhalb blühender Gesellschaften zu fördern.
Nötig ist aber auf jeden Fall eine Zusammenarbeit mit multinationalen Institutionen wie den G20, die immerhin 80 Prozent des weltweiten Wirtschaftsleistung vertreten, drei Viertel des globalen Handels abwickeln und zwei Drittel der Weltbevölkerung repräsentieren. Außerdem sind darin auch die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, die USA und China, vertreten, anders als in regionalen Partnerschaften oder der G7-Gruppe.
Dieser Handelskrieg hat weltweite Auswirkungen und die USA, gefangen im System gegenseitiger Vergeltungsmaßnahmen, führen uns auf einen gefährlichen Weg. Amerikas Handelspartner können diesen Kurs ändern - noch. Aber wenn wir diesem destruktiven Weg noch länger folgen, wird eine Umkehr bald unmöglich.
Jetzt ist der Moment umzudenken. Wenn die USA das nicht erkennen können - die Welt kann es wohl.
Dennis J. Snower ist Gründer und Präsident der "Global Solutions Initiative". Der Ökonom war bis Februar 2019 Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW).