Die Handy-Auslesung ist nur einer von mehreren Schritten, die in die richtige Richtung gehen. Zusammen mit anderen Möglichkeiten wie der elektronischen Sprach- und Dialektanalyse können die Behörden jetzt sehr viel besser die Identität eines Asylbewerbers feststellen, wenn Zweifel an dessen Angaben bestehen. Doch das alles kommt zwei Jahre zu spät.
Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, BAMF, legen rund 60 Prozent der Flüchtlinge keine Ausweise vor. Viele geben an, sie hätten ihre Dokumente während der Flucht verloren, oder sie seien ihnen gestohlen worden. Erstaunlicherweise haben aber die meisten von ihnen Smartphones, in denen sie problemlos Fotos der Dokumente abspeichern können.
Angebliche Syrer
Der Grund für dieses Verhalten ist klar: Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass Syrer am leichtesten in Deutschland einen Schutzstatus bekamen. So gaben sich auch viele als Syrer aus, die es nicht waren. Hätten die Behörden schon im Herbst 2015 Handy-Daten ausgewertet, wären wohl viele Betrugsfälle aufgeflogen. Routen hätten sich zurückverfolgen lassen, Ländervorwahlnummern und verwendete Sprachen in Textbotschaften hätten klare Hinweise gegeben.
Stattdessen wurde wegen des großen Andrangs viele Monate lang bei Asylanträgen von Syrern, Irakern und Eritreern nach Aktenlage entschieden, das heißt, nach dem bloßen Ausfüllen eines Fragebogens - was dem Betrug natürlich Tür und Tor öffnete.
Aber selbst bei Einzelgesprächen von Asylbewerbern mit BAMF-Mitarbeitern wurde offenbar viel geschludert. Der vielleicht bizarrste Fall, der darauf ein Licht wirft, ist der des rechtsextremen und wegen Terrorverdachts festgenommenen Bundeswehroffiziers Franco A. Der hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und wurde als Flüchtling anerkannt, obwohl er nicht einmal Arabisch sprach. BAMF-Chefin Jutta Cordt hat hier von "Fehlern auf allen Ebenen" gesprochen. Der Asylanhörer habe mit Franco A. ein achtzigminütiges Gespräch geführt "und selbst solche Nachfragen unterlassen, die sich nun wirklich aufgedrängt hätten", sagte Cordt. Mit wie vielen solchen Fehlentscheidungen der Behörden wir es heute in Deutschland zu tun haben, weiß wohl niemand. Legendär sind inzwischen auch die zum Teil x-fachen Identitäten, mit denen sich manche Asylbewerber an unterschiedlichen Orten gemeldet und so auch erfolgreich mehrfach Sozialleistungen erschlichen haben. Das galt auch für den Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri.
Auch die aufnehmende Gesellschaft hat Rechte
Der Zugriff auf Handy-Daten soll nur erfolgen, wenn andere Überprüfungsmöglichkeiten kein klares Bild ergeben oder Zweifel an den Angaben bestehen. Wer nichts zu befürchten hat, sollte ohnehin bereit sein, alles zur Aufklärung seiner Identität beizutragen. Deshalb kann auch von einem zu starken Eingriff in die Persönlichkeitsrechte keine Rede sein. Denn nicht nur der Asylbewerber oder Flüchtling hat Rechte - die aufnehmende Gesellschaft hat ebenfalls ein Recht zu wissen, "wer zu uns kommt", wie die Politiker immer gern sagen. Tatsache ist aber, dass die Politik das lange eben nicht so genau wissen wollte. Diese Zeit ist zum Glück vorbei.
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