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Rekord trotz Handicap

Rolf Wenkel9. Februar 2015

Es grenzt an ein Wunder, dass die deutschen Exporteure wieder einen Rekord erzielt haben, meint Rolf Wenkel. Denn die Politik habe ihnen einige Knüppel zwischen die Beine geworfen.

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Symbolbild Deutsche Autoindustrie
Bild: picture alliance

Na fein: Die deutschen Exporteure haben im vergangenen Jahr trotz der zahlreichen internationalen Krisen einen Umsatzrekord geschafft. Sie nahmen im Ausland 1133,6 Milliarden Euro ein und damit 3,7 Prozent mehr als 2013. Mit 217 Milliarden Euro lag der Überschuss der Ausfuhren über die Einfuhren so hoch wie noch nie. Und in diesem Jahr soll es sogar um fünf Prozent nach oben gehen, sagt der Branchenverband BGA voraus.

Und man kann noch etwas voraussagen. Nämlich dass alsbald die üblichen Neider um die Ecke kommen und sich zu der These versteigen, die Überschüsse in der deutschen Handels- und Leistungsbilanz nähmen immer bedrohlichere Ausmaße an, die deutsche Exportwut sei schuld daran, dass der Rest Europas nicht auf die Beine komme. Das sagen nicht nur amerikanische Ökonomen oder der IWF, sondern auch gelegentlich Italiener und Franzosen, also Politiker aus jenen europäischen Ländern, die es mit Reformen wahrlich nicht eilig haben.

Abgesehen davon, dass diese These schon deshalb abwegig ist, weil man den deutschen Unternehmern nicht weniger Innovationskraft und den Tarifparteien nicht höhere Löhne verordnen kann: Es steht jedem Land frei, seine Wirtschaft auch wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Nur geht das nicht mehr so bequem wie früher, als man an die Drachme, den Lire-Schein, den Escudo, die Pesete oder den französischen Franc noch eine Null dranhängen konnte und so mit einer abgewerteten nationalen Währung ohne großen Reformdruck weiterwursteln konnte wie bisher.

Porträt - Rolf Wenkel
Rolf Wenkel aus der WirtschaftsredaktionBild: DW

Nein, jetzt, mit einer gemeinsamen Währung, die ein Nationalstaat eben nicht mehr für sich alleine abwerten kann, schaffen nur ernsthafte Strukturreformen die Voraussetzung dafür, dass es auch morgen noch Wachstum und Wohlstand gibt. Doch weil viele Reformen, namentlich auf dem Arbeitsmarkt, unpopulär und politisch schwer durchsetzbar sind, wählt man lieber den bequemen Weg und zeigt auf die Deutschen, deren Exportmaschinerie schuld sein soll am europäischen Elend.

Allerdings kann ich diese europäischen Politiker beruhigen: Ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen sind nämlich gerade dabei, dafür zu sorgen, dass sich neue deutsche Exporterfolge nicht so schnell wiederholen. Und sie geben sich wirklich Mühe.

Da ist ein wildgewordener Verkehrsminister, der die Ausländer-Maut auf deutschen Autobahnen durchdrücken will, da ist eine Regierung, die mal eben für 160 Milliarden Euro Rentengeschenke verteilt, da ist eine regelungswütige Arbeitsministerin, die den Tarifparteien Mindestlöhne vorschreibt, da ist ein Finanzminister, der unbedingt an seiner schwarzen Null festhält, obwohl an allen Ecken und Enden dieser Republik, in den Schulen, den Universitäten, den Straßen der immense Nachholbedarf an öffentlichen Infrastrukturinvestitionen sichtbar wird, da ist eine Regierung, die nicht voran kommt mit der Versorgung von Bürgern und Unternehmen mit breitbandiger Telekommunikation - die Liste ließe sich fortsetzen.

So grenzt es also an ein Wunder, dass die deutschen Exporteure wieder einmal einen Rekord erzielt haben. Denn von Seiten der Politik wurden ihnen genug Knüppel zwischen die Beine geworfen, um solche Erfolge zu verhindern. Bleibt nur zu hoffen, dass sie auch im laufenden Jahr nicht ins Stolpern kommen.