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Kommentar: Europa zögert im Kongo zu lange

Ute Schaeffer8. März 2006

Die Europäische Union hat sich immer noch nicht auf einen Militäreinsatz in der Demokratischen Republik Kongo verständigt. Ute Schaeffer meint, dass sich die EU diese zögerliche Haltung nicht leisten kann.

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Es bleibt zunächst bei schönen Worten: Grundsätzlich sehe sich Europa bei der Sicherung des Friedensprozesses in der Demokratischen Republik Kongo in der Verantwortung. Grundsätzlich wolle Europa in Afrika Demokratie und Frieden fördern und nach Kräften unterstützen. Im Idealfall folgen auf schöne Worte auch Taten. Doch die lassen im Fall Afrika auch diesmal auf sich warten. Die Verteidigungsminister der Europäischen Union haben sich bei ihrem jüngsten Treffen vorerst nicht auf die Entsendung von EU-Soldaten in die Demokratische Republik Kongo einigen können. Die Anfrage der UN liegt bereits seit Januar dieses Jahres vor. Gemeinsam mit der bereits 17.000 Mann starken UN-Friedenstruppe sollen die Europäer im Juni die erste freie Wahl im Kongo seit der Unabhängigkeit von Belgien vor 45 Jahren absichern.

Kein leichter Auftrag, sicher - er birgt Risiken. Doch der schwache Staat Kongo gehört zu den Schlüsselstaaten für Afrikas Entwicklung. Gelingt hier eine Befriedung, wird das Impulse für die ganze Region haben. Doch anstatt Handlungsfähigkeit zu beweisen, stellt die EU ihre Zögerlichkeit und Selbstbezogenheit unter Beweis. Die über Monate dauernde und teilweise skurrile Formen annehmende Sachdiskussion um den Kongo-Einsatz schadete der politischen Glaubwürdigkeit und ließ wieder einmal den Eindruck entstehen, Europa fessele sich politisch durch eine Ja-Aber-Haltung.

Im Falle der Kongo-Mission gibt es zahlreiche dieser "Jas" und "Abers": Ja, man wolle den Kongo nicht mit der riesigen Aufgabe einer Wahl alleine lassen. Aber: das Risiko für die Soldaten sei in dem drittgrößten Staat Afrikas möglicherweise zu groß. Ja, Europa wolle sich gemeinsam für Afrika stärker engagieren. Aber: Wer stellt denn nun Soldaten für einen Einsatz, wer leitet das Kommando? Ja, grundsätzlich gelte es, Afrika auch finanziell bei Friedenseinsätzen stärker zu unterstützen - die Franzosen denken gar an eine gezielte engere Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union. Aber allein die Finanzierung eines solchen Kongo-Einsatzes hätte die Kasse der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik völlig überfordert, die Kosten hat jeder der beteiligten Staaten selbst zu tragen.

Europa scheint sich über weite Strecken hauptamtlich mit sich selbst zu beschäftigen - und weniger mit dem Kongo. Die Menschen im Kongo waren da mutiger: Eine große Mehrheit von ihnen sprach sich in einem Referendum vor einigen Monaten für mehr Demokratie aus. Obwohl sie seit Jahrzehnten von marodierenden Rebellengruppen drangsaliert und eingeschüchtert werden. Obwohl der seit Jahrzehnten dauernde Kriegszustand mehr als vier Millionen Menschen das Leben kostete. Und obwohl immer noch jeden Tag 1000 Menschen zum Opfer von Gewalt werden. Für sie und ihr Land ist die für Juni geplante Wahl die einmalige Chance, nach mehr als vier Jahrzehnten Krieg endlich den Grundstock zum Frieden zu legen. Europa sollte diesen Willen zu politischer Veränderung sehen und ihn unterstützen.

Es ist richtig, dass der deutsche Verteidigungsminister seine Bereitschaft zur Führung des Einsatzes bekundet hat. Das ist nur folgerichtig, denn Deutschland gehört zu den ersten Befürwortern von mehr Engagement für Afrika - das wird so auf dem Nachbarkontinent auch wahrgenommen. Massiv setzt sich die neue - wie schon die alte - Bundesregierung für mehr politischen Druck gegenüber repressiven Regimen ein, für mehr Unterstützung von außen bei Krisen und Konflikten. Der Kongo - einer der ressourcenreichsten Staaten Afrikas - war über Jahre der größte Empfängerstaat von EU-Entwicklungshilfegeldern: 1,1 Milliarden Euro hat er erhalten. Doch dieses Geld könnte sich als Fehlinvestition erweisen, wenn jetzt - an diesem entscheidenden Punkt für den Frieden, bei der Durchführung der Wahl - Unterstützung von außen ausbleibt.

Denn es ist in der Tat zu befürchten, dass ein Wahlergebnis von einzelnen Interessengruppen oder Rebellen mit Gewalt torpediert würde. Und die 16.000 Blauhelme der Vereinten Nationen, die vor Ort sind, könnten dies in einem Staat von der Größe Westeuropas alleine nicht verhindern. Ein Zurückfallen in den Krieg droht aber auch dann, wenn der Zeitplan für die Wahlen nicht eingehalten werden kann.

Deshalb sollten die Europäer jetzt schnellstmöglich die Form des Einsatzes klären: mit der kongolesischen Regierung, mit den UN - und untereinander. Das Mandat sollte so robust sein wie möglich - die Einsatztruppen müssen sich auch verteidigen können. Dann aber ist Europa in der Verantwortung - ganz praktisch und ohne schöne Worte!