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Politik

Auf der Suche nach dem Geist aus der Wunderlampe

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
25. Februar 2019

Von einer wirklichen Partnerschaft zwischen Europäern und Arabern kann man gegenwärtig nicht sprechen. Dafür sind die Differenzen zu groß und die Interessen zu unterschiedlich, meint Bernd Riegert in Scharm el Scheich.

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Flaschengeist, Dschinn
Bild: imago

War die Premiere des europäisch-arabischen Gipfeltreffens nur ein Schaulaufen ohne Inhalt, ein Gipfel der Worthülsen und leeren Phrasen? Auf den ersten Blick sieht es so aus, denn konkrete Beschlüsse sind im Schlussdokument des ersten Treffens zwischen Europäischer Union und Arabischer Liga nicht zu finden. Das konnte aber eigentlich auch niemand erwarten. Beim ersten Beschnuppern sollte es vor allem darum geben, Kontakte zu knüpfen und einen Rahmen für weitere Gespräche abzustecken. In Scharm el Scheich wurde an der Wunderlampe der Diplomatie gerieben. Doch der Dschinn, also der dienstbare Geist, der die Wünsche erfüllen und Lösung für Konflikte präsentieren könnte, ist noch nicht erschienen.

Immerhin: Die drängendsten Probleme in den Bürgerkriegsländern Syrien und Jemen wurden wenigstens angesprochen. Vorschläge für die Stabilisierung Libyens wurden gemacht. Aber es liegt nicht in der Macht der EU oder des sehr lockeren Bündnisses "Arabische Liga" tatsächlich etwas zu bewegen. Die Interessen der illustren Runde aus Königen, Emiren sowie sonstigen Potentaten und Autokraten zwischen Libyen und Oman sind einfach zu unterschiedlich. Die Kriegsparteien saßen in Scharm el Scheich nicht alle am Tisch: Für nachhaltige Lösungen würden auch Syrien, Russland, Iran, die USA und die Türkei gebraucht.

Die Macht und das Schicksal

Im Syrien-Konflikt brachte der Premieren-Gipfel keinen Fortschritt. Die bekannten Standpunkte wurden noch einmal wiederholt. Das Interesse der Europäer ist vor allem, den Konflikt beizulegen, um weitere Flüchtlingswellen zu vermeiden und eine Rückkehr der syrischen Flüchtlinge in ihre Heimat zu ermöglichen. Das wäre auch im eigenen Interesse der EU, denn die Migrationsfrage spaltet die Europäer nach wie vor. Die nordafrikanischen Staaten, inklusive des Gastgeberlandes Ägypten, machten klar, dass sie von der europäischen Idee, Migranten aus dem Afrika südlich der Sahara dauerhaft in Nordafrika festzuhalten, wenig halten. Nicht nur diese Frage macht deutlich, dass die beiden benachbarten Regionen aufeinander angewiesen sind. Die Bundeskanzlerin ging sogar soweit, diese Kooperation zur "Schicksalsfrage" für die EU zu stilisieren.

Riegert Bernd Kommentarbild App
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Auch die großen Herausforderungen, die sich aus der unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung ergeben, müssen angepackt werden. In den arabischen Staaten ist die Mehrheit der Menschen jünger als 25 Jahre. Es werden also wirtschaftliche Perspektiven, Ausbildungs- und Arbeitsplätze gebraucht. Da kann und sollte die EU Hilfe anbieten, um absehbaren Migrationsdruck von den arabischen Staaten in Richtung Europa abzumildern. Die Einhaltung der Menschenrechte haben die europäischen Regierungschefs pflichtgemäß angesprochen, gegenüber ihren Demokratie-fernen Gesprächspartner aber nicht auf deren Einhaltung als Vorbedingung für Kooperation bestanden. Der ägyptische Gastgeber Präsident al-Sisi, der sein Land wie viele andere Machthaber im arabischen Raum mit harter Hand regiert, hat sich dennoch jegliche Einmischung verbeten. Seine Kritik an den zurückhaltenden Europäern war unnötig - aber was soll man von einem Autokraten, der sich mit schönen Gipfel-Bildern schmücken will, schon erwarten?

Gemeinsam im Nahost-Friedensprozess

Al-Sisi forderte lieber eine gemeinsame Haltung im Nahost-Konflikt und rannte damit bei den europäischen Partner eigentlich offene Türen ein. Von Scharm el Scheich geht das Signal aus, dass sich die EU und die Arabische Liga für die "Zwei-Staaten-Lösung", also Frieden für Israel und einen zu gründenden palästinensischen Staat, einsetzen. Das Signal richtet sich an Israel, die USA und die Regionalmacht Iran, die die "Zwei-Staaten-Lösung" aus unterschiedlichen Gründen für überholt halten oder nie akzeptiert haben.

Unterm Strich gilt, was der Ratspräsident der Europäischen Union, Donald Tusk, bei der Premiere klar machte: Nachbarn kann man sich nicht aussuchen. Man muss mit der arabischen Welt südlich und östlich des Mittelmeers auskommen. Oder man lebt mit seinen Nachbarn im Streit, was niemand sich wünschen kann.

Deshalb sollte der Dialog zwischen den Nachbarn auf höchster Ebene weitergehen. Multilateralismus muss gelebt werden, sagte die Bundeskanzlerin, auch wenn es manchmal weh tut und nur langsam voran geht. Die Alternative wäre Schweigen ohne Aussicht auf Kooperation. Das diente niemanden. Also weiterreiben an der diplomatischen Wunderlampe. Vielleicht wohnt ja doch ein Dschinn darin.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union