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Politik

Die afrikanische Legende von der Einmischung

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Dirke Köpp
14. Oktober 2016

Burundi will aus dem Internationalen Strafgerichtshof austreten und hat die Arbeit mit den UN-Menschenrechtlern beendet. Wegen zu viel Einmischung. Kritik verbieten meist nur die, die im Unrecht sind, meint Dirke Köpp.

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Unruhen erschüttern Burundi bereits seit dem Frühjahr 2015Bild: picture-alliance/dpa/D. Kurokawa

Burundi, das kleine Land im Herzen Afrikas, isoliert sich mehr und mehr. In dieser Woche hat das Land die Zusammenarbeit mit dem UN-Menschenrechtsbüro aufgekündigt, nach wochenlangen Protesten gegen einen unliebsamen, weil kritischen Bericht. Die Verfasser des Berichtes wurden gar zu unerwünschten Personen erklärt. Am Mittwoch (12.10.) dann hat das (von der Regierungsmehrheit bestimmte) Parlament für einen Rückzug aus dem Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gestimmt. Man wolle sich nicht sich nicht länger gängeln lassen: Der IStGH sei ein "Druckinstrument" gegen ärmere Staaten, ein Mittel, diese Staaten zu destabilisieren, erklärte die Justizministerin.

Der Austritt ist keine Überraschung. Seit Monaten liegt Burundi, das am Rande des Bürgerkrieges steht, überkreuz mit großen Teilen der internationalen Gemeinschaft. Jegliche Kritik wird als Einmischung oder Unwahrheit zurückgewiesen.

Domino-Effekt auf dem ganzen Kontinent?

Ob der Austritt aus dem Internationalen Strafgerichtshof, der noch von Präsident Pierre Nkurunziza bestätigt werden muss, zu einem Domino-Effekt auf dem afrikanischen Kontinent führen wird, weiß derzeit keiner. Sicher ist, dass es nur wenige Machthaber in Afrika gibt, die dem IStGH wohlgesonnen sind. Besonders kampfeslustig sind der kenianische Präsident Uhuru Kenyatta und der sudanesische Diktator Omar Al-Bashir - beide waren beziehungsweise sind allerdings selbst im Visier des Gerichtes. Wen erstaunt es also, dass sie das Gericht nicht mögen?

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Dirke Köpp leitet die DW-Redaktion Französisch für Afrika

Der IStGH ist bei afrikanischen Herrschern als neokolonial, anti-afrikanisch und parteiisch verschrien, gern sprechen sie von Einmischung und Komplott. Immer werde nur gegen Afrikaner verhandelt, lautet einer der Vorwürfe. Dass der IStGH oft auch andere Fälle untersucht, derzeit etwa aus dem Irak, Afghanistan oder der Ukraine, verschweigen die Mächtigen des Kontinentes. Es vergeht kaum ein Gipfeltreffen der Afrikanischen Union, an dem nicht über den IStGH diskutiert wird und darüber, dass man geschlossen austreten wolle. Bislang ohne Konsequenz.

Doch so unbeliebt das Gericht bei den Machthabern ist, so oft rufen die Oppositionellen des Kontinents indes nach Unterstützung durch die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes. Sie sprechen nicht von Einmischung oder Komplott, sondern vertrauen in eine unabhängige Justiz.

Einmischung in Form von Geld ist immer willkommen

Das Reden von der "Einmischung" ist derzeit unter afrikanischen Regierungen wieder groß im Kommen. Dazu zwei Beispiele aus diesem Monat: Der tschadische Präsident Idriss Déby Itno, diese Woche auf Deutschland-Besuch, sagte er in einem Interview mit der Deutschen Welle, Krisen in Afrika würden vor allem durch Einmischung von außen ausgelöst. Andererseits allerdings hält er gern die Hand auf, wenn ihm die Bundesrepublik knapp neun Millionen Euro zur Verfügung stellt. Die Demokratische Republik Kongo liefert sich derzeit ein diplomatisches Tauziehen mit Belgien - wegen Eimischung in innere Angelegenheiten, wie es heißt. Dass der kongolesische Staat aber ohne die finanzielle Hilfe Belgiens und anderer europäischer Partner gar nicht überleben könnte, wird bei solcher Gelegenheit von den kongolesischen Politikern gern ausgeblendet.

Und auch der burundischen Regierung und den Anhängern des Regimes scheint eines nicht bewusst zu sein: Gemäß den Statuten des IStGH ist ein Land auch nach dem Rückzug aus dem Tribunal verpflichtet, bei Ermittlungen zu kooperieren, die vor seinem Austritt eingeleitet wurden. Und die Krise in Burundi mit ihren gewalttätigen Auswirkungen, ungeklärten Morden, dem Verschwinden unbequemer Kritiker - sie hat bereits im April 2015 begonnen.

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