Der Schießbefehl der AfD - eine gezielte Provokation
Erschreckend an der von der AfD losgetretenen Diskussion um einen "Schießbefehl" gegen Flüchtlinge an der deutschen Grenze ist vor allem die Position der Stärke der jungen Partei, die sich dabei offenbart. Die deutschen Rechtspopulisten scheinen sich so sicher zu fühlen, dass sie überzeugt sind, trotz provozierender Vorschlage nicht an Zustimmung zu verlieren. Ganz im Gegenteil.
Jedenfalls ist das angesichts der Entwicklung der vergangenen Monate zu vermuten. Denn radikale Äußerungen machen AfD-Vertreter inzwischen regelmäßig und sie werden von der breiten Medienöffentlichkeit empört aufgenommen. Dann bequemt sich die Parteispitze - wie auch am Montag wieder - zu einem halben Dementi und spricht von Missverständnissen. Und trotzdem geht es in den Umfragen seit dem Sommer für die AfD immer weiter nach oben. Man traut seinen Augen kaum: Die AfD ist in der Sonntagsfrage bei einigen Meinungsforschungsinstituten inzwischen die stärkste Oppositionspartei! Und im Osten der Republik kratzt sie schon beinahe an der 20-Prozent-Marke!
Schlagzeilen machen
Die Stärke der AfD zeigt sich auch im Umgang mit der Presse. Denn wirklich unüberlegt oder ein Ausrutscher waren die Äußerungen nicht - die nachgeschobene Relativierung hin oder her. Der Lebensgefährte von Frauke Petry, der nordrhein-westfälische AfD-Chef Markus Pretzell, hatte mit genau dieser Forderung schon einmal Schlagzeilen gemacht. Und schon damals hagelte es Kritik. Petry und die frisch gewählte Berliner AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch haben sich also im Zweifelsfall genau überlegt, was sie sagen. Sie haben sehr schnell gelernt, wie die deutsche Presse funktioniert: Dass jede Provokation begierig aufgegriffen wird und daraus Schlagzeilen entstehen. Und für eine junge Partei, die noch nicht im Parlament sitzt, gilt: Hauptsache im Gespräch bleiben. Vor allem in Wahlkampfzeiten wie jetzt, da in wenigen Wochen in drei Bundesländern Wahlen stattfinden.
Im konkreten Fall kommt noch hinzu, dass der Einsatz von Waffen an der Grenze rein rechtlich natürlich möglich ist - wohl aber unter genau definierten Bedingungen und nicht gegen Unbewaffnete. Gegen Kinder ist Waffengewalt sogar ausdrücklich und ganz grundsätzlich verboten. Sachlich gesehen liegt die AfD also gar nicht voll daneben. Vor allem, weil Petry ja auch von einer "Ultima Ratio" gesprochen hat.
Die Schwäche der anderen
Mit den AfD-Äußerungen ist die Debatte nun definitiv da und fällt auf fruchtbaren Boden. Denn viele Bürger in Deutschland schütteln nur noch den Kopf, weil sie die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht mehr nachvollziehen können. Das bedeutet nicht, dass jeder von diesen sofort auf Flüchtlinge schießen lassen würde. Aber viele Bürger werden auch offener für solche Lösungen, wenn sie bei anderen Parteien ausreichende Antworten vermissen, die Flüchtlingszahlen schnell und massiv zu reduzieren. Das könnte eine schleichende Radikalisierung mit sich bringen.
Wann ist die "Obergrenze" für die AfD in den Meinungsumfragen erreicht? Die AfD wird immer selbstbewusster und testet gerade aus, wie weit sie in der Flüchtlingsdebatte gehen kann. Viele Medien fungieren unbewusst als ihre Helfer, obwohl sie eigentlich das Gegenteil wollen. Die Forderung nach dem "Schießbefehl" an der Grenze ist möglicherweise nur der Auftakt eines zunehmend aggressiven Auftretens der AfD. Und das könnte die deutsche Gesellschaft noch stärker spalten.
Dass die Chancen dafür gut stehen, zeigen andere Nachrichten: Am Wochenende demonstrierten erneut Russlanddeutsche in mehreren Städten gegen die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel - angestachelt von Putins Propaganda. Der russische Präsident scheint den Eindruck zu haben, dass sich dieser Informationskrieg gegen die Bundesregierung lohnen könnte. So wie Putin das auch in anderen Ländern schon mehrfach vorgemacht hat, um sie auf Dauer zu destabilisieren.
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!