Kommentar: Anschlag hat Amerika verändert
20. April 2013Die beiden mutmaßlichen Täter sind offenbar Islamisten: Tamerlan Zarnajew, der am Freitag nach einem Schusswechsel mit der Polizei starb, und sein jüngerer Bruder Dschochar, den die Polizei am gleichen Tag festnahm. Sicher haben die beiden, die nach bisherigen Erkenntnissen aus Tschetschenien stammen, Schreckliches erlebt in ihrer früheren Heimat: Krieg, Gewalt, dann die Flucht in die USA - und damit die Chance eines Neuanfangs. Doch wirklich angekommen sind sie in der offenen, westlichen Gesellschaft offenbar nie. Im Gegenteil. Sie nutzten die Freiheit, die Ihnen Amerika bot, um mutmaßlich diese schreckliche Tat zu begehen.
Der Anschlag von Boston hat Amerika verändert. Denn natürlich fragen sich die Menschen, was getan werden kann, um so etwas in Zukunft zu verhindern. Dass die Täter so schnell gefunden wurden, geht auch darauf zurück, dass die Straßen in den Großstädten mit Kameras überwacht werden. Die Zahl der Kameras, die das öffentliche Leben in den USA festhalten, wird weiter steigen. Wichtig bei der Identifizierung der tschetschenischen Brüder war, dass praktisch jeder in den USA ein Smartphone besitzt. Es waren die Fotos, die Privatpersonen mit ihren Handys gemacht und dann an die Polizei weitergegeben haben, die das FBI auf die Spur der mutmaßlichen Terroristen brachte. Ohne diese Hilfe der Bürger hätten es die Sicherheitskräfte wohl schwerer gehabt, die Täter zu stellen.
Diese Erfahrung hat die Amerikaner sensibilisiert. Ihr Engagement, ihre Wachsamkeit ist offenbar sehr wichtig, wenn es um die öffentliche Sicherheit geht. Inzwischen akzeptieren die Bürger weitreichende Einschränkungen der Freiheit. Etwas, was vor den Anschlägen vom 11. September 2001 undenkbar war.
Derzeit aber sind die Einwohner von Boston und Watertown froh, dass die mutmaßlichen Terroristen getötet beziehungsweise festgenommen worden sind. Mitten in der Nacht gingen sie auf die Straßen und feiern ausgelassen. Zumindest jetzt werden sie die banale wie wahre Erkenntnis vergessen, dass es in einer offenen Gesellschaft völlige Sicherheit nicht geben kann.