Kommentar: Britische Haushaltspläne als Flop
8. Dezember 2005Großbritannien steht mit seinem Vorschlag, das Haushalts-Volumen von 2007 bis 2013 zu senken, die Osteuropäer bluten zu lassen und seinen eigenen Rabatt zu retten, ziemlich allein auf weiter Flur. Nur fünf Netto-Zahler, von denen Deutschland der größte ist, haben ein wenig Beifall für die Deckelung des Haushalts-Volumens gespendet.
Noch nie in der wechselvollen Geschichte der EU-Präsidentschaften, die alle halbe Jahre rotieren, hat ein Vorsitzender so eigennützige und kontroverse Etat-Vorschläge präsentiert. Eigentlich sollte der britische Premier Tony Blair als EU-Ratspräsident ja neutral vermitteln und nicht nur an die eigene Geldbörse denken. Das glücklose Agieren der Briten ist wohl nur mit der innenpolitischen Lage zu erklären.
Absehbarer Gipfelflop
Tony Blair kämpft gegen seinen eigenen Finanzminister und innerparteilichen Rivalen Gordon Brown, der wesentlich europa-skeptischer ist. Brown will Blair beerben und wartet nur auf einen schwachen Moment. Würde Blair beim umstrittenen britischen Beitragsrabatt weitere Zugeständnisse machen, würde die britische Wählerschaft Verrat schreien. Das wäre politischer Selbstmord für Tony Blair, der doch einst antrat, Großbritannien vom Rand ins Zentrum Europas zu manövrieren. Nun droht mit dem absehbaren Gipfelflop zu den Finanzen sein europa-politischer Kurs vollends zu scheitern.
Unglaubwürdig und unehrlich - mit diesen Worten fertigte EU-Haushaltskommissarin Dalia Grybauskaite die britische Präsidentschaft ab. Sie kommt aus Litauen und schäumt berechtigterweise darüber, dass die Briten nun ausgerechnet auf dem Rücken der ärmeren EU-Mitglieder den Streit austragen wollen.
Bestenfalls lächerlich
Der verzweifelte Hinweis des britischen Außenministers Jack Straw nach dem ergebnislosen Treffen, die Probleme habe man von den luxemburgischen Vorgängern in der Präsidentschaft geerbt, wirkt bestenfalls lächerlich. Denn die Luxemburger sind mit ihrem Kompromiss-Paket ja hauptsächlich am Widerstand Großbritanniens gescheitert.
Aber auch die Niederlande, Schweden und Spanien haben damals mit Nein gestimmt. Die Briten sind keinesfalls die alleinigen Schuldigen für die Misere. Auch das sture Festhalten Frankreichs und Deutschlands an den Subventionen für die Landwirtschaft trägt seinen Teil zur Haushalts-Krise bei. Die Briten wollen so lange nicht auf ihren Rabatt verzichten, wie die Bauern subventioniert werden. Aus ihrer Sicht können sie dieses haushaltspolitische Druckmittel jetzt noch nicht aus der Hand geben.
Die EU und die WTO-Verhandlungen
Zusätzliche Nahrung erhält das lodernde Streitfeuer durch den Zwist zwischen Frankreich und dem Rest der EU um die Position bei der Welthandelsrunde nächste Woche in Hongkong. Frankreich verdächtigt den EU-Handelskommissar, ausgerechnet ein Brite und Blair-Vertrauter, er wolle durch die WTO-Hintertür geheiligte Zuschüsse für die Landwirtschaft preisgeben.
Mit Deutschland streitet Frankreich um niedrigere Mehrwertsteuer-Sätze in seinen Restaurants, auch das wird ein schwieriges Gipfelthema. Angesichts der relativ ausweglosen Lage hat ein EU-Diplomat schon scherzhaft empfohlen, den EU-Gipfel nächste Woche einfach ausfallen zu lassen. Warum eigentlich nicht? Dann hätte man wenigstens Spesen für ein absehbar sinnloses Treffen gespart.