Die deutsche Armee solle künftig an Berliner Schulen nicht mehr für den Dienst in der Bundeswehr werben dürfen. So hat es die Berliner SPD gerade beschlossen - mit der Begründung, dass Minderjährige besonders "anfällig" für Propaganda seien. Gemeint sind wohl auch die Minderjährigen, die sich in den vergangenen Wochen sehr anfällig für das politische Versagen der Regierungen in der Klimapolitik gezeigt haben. Zu Tausenden gehen sie weiterhin für "Fridays for Future" auf die Straße. Selbst die Kanzlerin zollt ihnen Respekt.
Unter moralischem Generalverdacht
Während die Jugend also ihr Bewusstsein für die großen Zusammenhänge entdeckt, aalt sich der regionale Arm der Regierungs(!)-partei SPD in der politischen Komfortzone der ins Alter gekommenen Friedensbewegung der 1980er-Jahre. Die Bundeswehr, eine Parlamentsarmee, die sich ohne Mandat der Volksvertreter keinen Millimeter außerhalb der deutschen Grenzen bewegen darf, steht nicht nur in der deutschen Hauptstadt unter moralischem Generalverdacht. Doch jetzt hagelt es auch aus den eigenen Parteizentralen der SPD Proteste, was da im Berliner Landesverband los ist. Zurecht.
Soldaten. Propaganda. Nationalsozialismus. Mörder. So kurz ist offenbar immer noch die Assoziationskette der Berliner Regionalpolitiker. Man könnte sie um Sicherheit = USA fortsetzen. Denn von da kam seit 1945 die zumeist ungestörte Sicherheit Deutschlands. Vom geopolitischen Spielfeldrand ließ sich Jahrzehntelang die Politik der Amerikaner gut kommentieren. Doch mitspielen, sich "schmutzig machen", davon wollen die Berliner Sozialdemokraten auch 30 Jahre nach Ende des Kalten Krieges nichts wissen. Wer verteidigte nochmal West-Berlin vor den Sowjets? Da steht man ganz nah bei der Linkspartei, die die NATO ohnehin für überflüssig hält, genauso wie auch die neue europäische Vertreidigungszusammenarbeit PESCO. Der Beschluss der Hauptstadt-SPD ist der jüngste Beweis, dass es in Deutschland weiterhin keinen Grundkonsens im Verhältnis zum eigenen Militär gibt.
Von wegen Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft - die Beziehung der Deutschen zu ihrer Truppe ist noch immer gestört. Da staunt man als Deutscher im Florida-Urlaub nicht schlecht, wenn es eine Durchsage im Flugterminal gibt, dass gleich eine Gruppe Kriegsveteranen durchs Gebäude kommt. Begleitet von Standing Ovations finden sich die Männer und Frauen im wahrsten Sinne des Wortes in der Mitte der Gesellschaft wieder. Soldat sein bringt auch in den USA weiterhin nicht viel Geld ein. Doch der gesellschaftliche Respekt ist ihnen sicher. Davon können deutsche Kriegsveteranen, die womöglich Seite an Seite mit ihren amerikanischen Kameraden in Afghanistan gedient haben, nur träumen. Der in der Nazi-Vergangenheit wurzelnde gesellschaftliche Grundverdacht gegen die eigenen Truppen wiegt immer noch schwer.
Mehr öffentliche Anerkennung nötig
Deutsche Soldaten bekommen für 30 Auslandseinsatztage die bronzene, für 360 die silberne und für 690 Tage die goldene Einsatzmedaille. Das muss oft reichen. Doch da sollte und wird wohl in Zukunft mehr an öffentlicher Anerkennung drin sein müssen. Und ausgerechnet US-Präsident Donald Trump wird den Deutschen dabei helfen. Denn er macht keinen Hehl daraus, dass er Deutschland nicht mehr nur als Zahlmeister, sondern auch verstärkt im Einsatz sehen will. Partner wie Frankreich übrigens auch. Die jüngste Diskussion um das Verfehlen des Zwei-Prozent-Ziels bei den NATO-Militärausgaben hat gezeigt, dass Debatten über die Bundeswehr nicht notwendigerweise ein Griff in den politischen Giftschrank bedeuten. Es gibt trotz aller Koalitionsturbulenzen sogar eine Art Grundkonsens mit der SPD, dass Deutschland mehr für die Bundeswehr ausgeben muss. Das Bewusstsein für die großen Zusammenhänge wächst also auch bei den Erwachsenen. Dauert nur länger.