Regierung reagiert auf Druck der Straße
21. Juli 2021"Wir hören auf die Stimme der Bevölkerung", sagte der kolumbianische Präsident Iván Duque im Kongress in Bogota bei der Vorlage des neuen Steuerreformplans, in dem die umstrittenen Regelungen fehlen, die seit Monaten für Aufruhr in der Bevölkerung gesorgt hatten. Vom Tisch sind die Erhöhung der Mehrwertsteuer für eine Reihe von Waren und Dienstleistungen sowie die Ausweitung der Zahl der Einkommenssteuerpflichtigen. Stattdessen werden bestimmte Steuerbefreiungen gestrichen, die Duque selbst 2019 eingeführt hatte. Die Kongress-Sitzung war um mehrere Stunden vorgezogen wurde, um neuen Demonstrationen zuvor zu kommen.
"Das Sozialinvestitionsgesetz, das wir einführen werden, ist das Ergebnis eines Konsenses", schrieb Duque auf Twitter. Es lege den Grundstein dafür, die Schwächsten zu erreichen und jungen Menschen Beschäftigungs- und Bildungschancen zu bieten.
Mit der Steuerreform soll das Haushaltsloch gestopft werden, das durch die Corona-Krise entstanden ist. Der neuen Steuerpläne sollen knapp vier Milliarden Dollar zusätzlich in die kolumbianische Staatskasse bringen - deutlich weniger als in den ursprünglichen Planungen. Dort war von Steuermehreinnahmen von etwa 6,3 Milliarden Dollar die Rede.
Soziale Spaltung nimmt weiter zu
Oppositionelle befürchteten, dass die Reform vor allem die einkommensschwache Bevölkerung und die Mittelschicht trifft, während die Reichen unbehelligt bleiben. Schon lange besteht eine große Unzufriedenheit über die Wirtschafts- und Sozialpolitik des Präsidenten. Vor allem die Jugend hat das Gefühl, keine Zukunft zu haben.
Die Proteste in Kolumbien, die sich ursprünglich an den Steuerreformplänen entzündeten, hatten Ende April begonnen. Inzwischen richten sie sich allgemein gegen die Regierung in Bogota. Die Demonstranten fordern bessere Arbeitsbedingungen, eine Reform des Rentensystems, einen besseren Schutz von Menschenrechtsaktivisten und die vollständige Umsetzung des Friedensabkommens mit der linksgerichteten Ex-Guerillabewegung FARC.
Die Sicherheitskräfte gingen in den vergangenen Monaten teils gewaltsam gegen die Demonstranten vor, nach Behördenangaben wurden mindestens 61 Menschen getötet, darunter zwei Polizisten. Zudem gab es mehr als 2500 Verletzte.
qu/sti (dpa, afp)