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Kohle für China

Nicola Graaf27. Juli 2012

In der Mongolei boomt die Wirtschaft dank des Ressourcenreichtums. Das Wachstum zieht auch chinesische Unternehmer ins Land.

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Chinesische Ingenieure an der Oyu Tolgoi Mine legen einen Schacht für Kabel und Rohre an (Foto: DW/Nicole Graaf)
Chinesische Ingenieure an der Oyu Tolgoi Mine legen einen Schacht für Kabel und Rohre anBild: Nicole Graaf

In den Konferenzräumen des Dschingis Khan Hotels in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator sind Messestände aufgebaut. Die Bilder hinter den adrett gekleideten Messehostessen zeigen Bagger, Bohrer und Berge von Kohle. An den Tischen mit Häppchen und Instant-Kaffee drängen sich Männer in dunklen Anzügen. Es ist das "Wer-ist-Wer" des internationalen Kohlebergbau, das bei dieser Konferenz im Mai 2012 zusammen kam.

Der Bergbau der Mongolei steckt noch in den Kinderschuhen. Eine Förderung im großen Stil beginnt gerade erst. Doch das Land verfügt über immense Rohstoffreserven. Internationale Investoren stehen Schlange. Und auch in deutschen Papieren zur Ressourcensicherung steht die Mongolei an exponierter Stelle.

Rohstoffnachschub für den Nachbarn China

Besonders die chinesische Industrie hat großes Interesse am Rohstoffnachschub aus dem Nachbarland. Schon jetzt geht der größte Teil der mongolischen Rohstoffexporte nach China. Gerade hochwertige Steinkohle für die Stahlproduktion ist dort sehr gefragt. Auch chinesische Firmen sind auf der Konferenz vertreten. Lu Gang spricht auf dem Podium über den Markt für Heizkohle in China. Er ist Chefanalyst und Geschäftsführer der chinesischen Firma Fenwei Energy Consulting. Sie berät mongolische Unternehmen, die nach China exportieren und auch chinesische Firmen, die sich in der Mongolei engagieren wollen. "Unsere Kunden sind meist Händler, die Kohle nach China importieren", sagt er. "Wir beraten sie zum Beispiel zu den rechtlichen Bedingungen hier."

Chinesische Firmen präsentieren sich auf der Bergbaukonferenz in der Hauptstadt Ulan Bator. (Foto: DW/Nicole Graaf)
Chinesische Firmen präsentieren sich auf der Bergbaukonferenz in der Hauptstadt Ulan BatorBild: Nicole Graaf

Bergbauboom befeuert weitere Wirtschaftszweige

Dank des Bergbaus wächst die mongolische Wirtschaft rasant. Rund 17 Prozent waren es im letzten Jahr. Auch chinesische Firmen außerhalb der Bergbaubranche haben davon profitiert. Der chinesische Kaufmann Hasi Qulao ist bereits seit fast 15 Jahren in der Mongolei geschäftlich aktiv. Angefangen hat er ganz klein mit Geld, das er sich von Freunden zusammen geliehen hat. "Zunächst habe ich von den Nomaden Felle gekauft und nach China exportiert", sagt der 37-Jährige. "So habe ich mich langsam hochgearbeitet." Heute ist Hasi Qulao Chef eines erfolgreichen Bauunternehmens, das Lagerhallen und Indoor-Märkte für Lebensmittelfirmen baut. Er fühlt sich wohl in der Mongolei, hat viele Freunde hier gefunden. Das Land war ihm nicht völlig fremd, denn er stammt aus der inneren Mongolei. Trüge er nicht den typisch chinesischen Bürstenhaarschnitt, würde er unter den Einheimischen kaum auffallen. "Es war für mich anfangs recht einfach hier", "sagt er. "In China gibt es so viele Menschen. Da ist es viel schwieriger, Geschäfte zu machen. Und man verdient auch weniger."

Megaprojekt in der Südgobi

In der mongolischen Baubranche sind mittlerweile sehr viele chinesische Firmen tätig. Sie arbeiten oft schneller und auch günstiger als mongolische Firmen - auch wenn Mongolen das nicht gern hören. Das wird auch auf dem Bergwerk Oyu Tolgoi deutlich. Gerade einmal 80 Kilometer nördlich der chinesischen Grenze wird hier im größten Investitionsprojekt der mongolischen Geschichte eine gigantische Kupfer- und Goldmine gebaut. Chinesische Ingenieure errichten hier die Untertageschächte und komplexen technischen Anlagen. Den Mongolen selbst fehlt dafür bisher das Know-How.

Auch die Mongolen profitieren

Die engeren wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und der Mongolei bergen aber auch neue Möglichkeiten für die Einheimischen. Ganbold Uganbayar steht vor einer Gruppe Männer und Frauen in den orangefarbenen Fleecepullovern von Oyu Tolgoi und wirft mit dem Beamer Grafiken an die Wand. Sie leitet Workshops zu den Umweltrichtlinien für die Belegschaft - auf mongolisch, englisch und chinesisch. Die 33-Jährige hat ein rundes, freundliches Gesicht. Ihr Job bereitet Uganbayar erkennbar Spass.

Der Sukhbaatarplatz mit dem Regierungspalast in Ulan Bator. (Foto: DW/Nicole Graaf) ***Anm: die Bilder sind zur Publikation auf der Webseite der Deutschen Welle nur gemeinsam mit dem zugehörigen Artikel freigegeben. Anderweitige Verwendung bedarf der Rücksprache. Die Rechte bleiben bei der Autorin.***
Der Sukhbaatarplatz mit dem Regierungspalast in Ulan BatorBild: Nicole Graaf

Sie hat bereits früh ihre Chance gesehen und die Sprache ihres Nachbarlandes studiert. "Viele Bekannte haben mir damals dazu geraten", erinnert sie sich. "Sie sagten, wenn ich Chinesisch kann, habe ich eine gute Zukunft." Die Voraussage erfüllte sich: Als sich mit der Öffnung der Mongolei in den 1990er Jahren die Beziehungen zu China intensivierten, reiste Uganbayar mit mongolischen Händlern dorthin und übersetzte für sie. 2006 kam sie dann als Dolmetscherin zu Oyu Tolgoi. Sie übersetzte für die chinesischen Ingenieure und Arbeiter, die die Mine mit aufbauen.

Der Job ist gut bezahlt. Uganbayars Verdienst liegt deutlich über dem Durchschnitt. Auch ihr Mann arbeitet auf Oyu Tolgoi, als Ingenieur im Untertageschacht. Mit ihrem Verdienst konnten die beiden sich ein Haus am Rand von Ulan Bator leisten, mit zwei Stockwerken und Heißwasserboiler. Für die meisten Mongolen ist das bisher noch Luxus.

Angst vor wirtschaftlicher Dominanz des großen Nachbarn

Doch die Tatsache, dass so viele Chinesen zum Arbeiten oder Geschäfte machen ins Land kommen, schürt auch Ängste unter den Mongolen. Sie fürchten, dass sie von dem großen Nachbarn im Süden wirtschaftlich dominiert werden könnten. Bereits jetzt ist die Mongolei beim Export ihrer Rohstoffe stark von China abhängig.

Im April hat ein Investitionsvorhaben des staatlichen chinesischen Aluminiumherstellers Chalco für großen Aufruhr gesorgt: Chalco wollte die Mehrheitsanteile der kanadischen Bergbaufirma South Gobi Ressources kaufen, die einige Minen in der Südgobi betreibt. Es gab öffentliche Proteste. Die mongolische Regierung entzog der Firma einige Abbau- und Explorationslizenzen, und änderte sogar das Gesetz, das ausländische Investitionen regelt. Demnach dürfen große Investitionen in strategisch wichtige Wirtschaftssektoren wie den Bergbau nun nicht mehr ohne Zustimmung der Regierung getätigt werden.Ob Chalco die Mehrheitsanteile von South Gobi Ressources erwerben darf, ist weiterhin offen.