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Koch drängt Schwarz-Gelb zum Sparen

11. Mai 2010

Nach dem Wahldebakel von Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen hat Kanzlerin Merkel bei Steuersenkungen die Notbremse gezogen. CDU-Vizechef Koch forderte, weitere kostspielige Koalitionsvorhaben zu überprüfen.

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Hessens Ministerpräsident Koch mahnt "Konsequenzen" in Berlin an (Foto: dpa)
Hessens Ministerpräsident Koch mahnt "Konsequenzen" in Berlin anBild: picture-alliance / dpa

Die schwere Schlappe der schwarz-gelben Koalition bei der Landtagswahl in Düsseldorf hat schon jetzt Konsequenzen für die Arbeit der Bundesregierung in Berlin. Erst erteilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den unaufhörlichen Forderungen des kleinen Koalitionspartners FDP nach baldigen Steuersenkungen auf Bundesebene eine Absage. Der hessische Ministerpräsident und stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Roland Koch, forderte neben dem Verzicht auf Steuersenkungen weitere "Konsequenzen in der Arbeit der Bundesregierung". Im "Hamburger Abendblatt" vom Dienstag (11.05.2010) nannte er als Beispiele für mögliche Einsparungen die Familien- und Bildungspolitik.

"Wir haben uns hier und da zu Projekten entschlossen, die möglicherweise sehr viel teurer werden als zunächst gedacht, etwa die Garantie eines Betreuungsplatzes für Kinder unter drei Jahren", sagte Koch. "Wir müssen prüfen, ob das noch finanzierbar ist." Als weiteren Punkt nannte er das Ziel, künftig zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung zur Verfügung zu stellen.

Koch stellt Koalitionsvertrag in Frage

CDU, CSU und FDP sollten sich in den nächsten Tagen darauf verständigen, welche Schritte in dieser Wahlperiode möglich seien, so Koch weiter. Noch deutlich wurde der CDU-Bundesvize beim bisher unantastbaren Koalitionsvertrag: "Wir brauchen Klarheit, welche Teile des Koalitionsvertrags sich angesichts der weltwirtschaftlichen Lage und der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat umsetzen lassen."

Kanzlerin Merkel ist nach dem Absturz der NRW-CDU ins Nachdenken gekommen (Foto: CDU)
Kanzlerin Merkel ist nach dem Absturz der NRW-CDU ins Nachdenken gekommenBild: AP

In überraschender Deutlichkeit hatte Merkel am Montag beim Dauerstreitpunkt Steuersenkungen einen Schlussstrich gezogen. Diese würden voraussichtlich in den nächsten beiden Jahren nicht durchsetzbar sein, sagte die CDU-Vorsitzende in Berlin. Vorrang hätten nun die Konsolidierung des Haushalts und die Einhaltung der Schuldenbremse. "Es muss klar sein, dass wir uns jetzt bestenfalls mit der Vereinfachung des Steuersystems befassen", unterstrich sie. Ähnlich äußerte sich in München CSU-Chef Horst Seehofer.

Westerwelle knickt ein

Die FDP, die bei der NRW-Landtagswahl ihre Ziele ebenfalls klar verfehlt hatte, gab in der Steuerfrage klein bei. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, seine Partei müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Spielräume nach dem Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat "nicht größer" geworden seien.

SPD-Chef Gabriel (Foto: AP)
SPD-Chef Gabriel will neue Hebel im Bundesrat auch nutzenBild: AP

Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel bestätigte Westerwelles Prognose indirekt. Gabriel kündigte an, dass seine Partei ihre gestärkte Position im Bundesrat nutzen werde. Als Beispiele nannte er den Stopp des Ausbaus der erneuerbaren Energien und die Fortführung der Atomenergie. Ein weiteres Beispiel seien "Steuergeschenke an Leute, die es nicht nötig haben, weil dadurch Städte und Gemeinden ausbluten".

Gabriel trat zugleich Befürchtungen entgegen, dass die SPD in der Länderkammer eine Blockade-Linie fahren werde: "Wir wollen natürlich nicht einfach nur Nein sagen, sondern wir wollen auch zeigen, was man besser machen könnte."

Spannender Machtpoker in Düsseldorf

In Düsseldorf nahm der Koalitionspoker Fahrt auf. Sowohl der Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) als auch die SPD-Landeschefin Hannelore Kraft erhoben mit Blick auf die Regierungsbildung den Führungsanspruch.

Rüttgers sagte am Montag nach einer Sitzung des geschäftsführenden CDU-Landesvorstands, es gehöre zu den demokratischen Gepflogenheiten, dass die stärkste Partei den Regierungschef stelle. "Ich habe allen demokratischen politischen Kräften im Land meine Bereitschaft zu Gesprächen angeboten." CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach sich für eine große Koalition aus.

Dagegen warnte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth die SPD vor einer großen Koalition an Rhein und Ruhr. Roth sagte dem "Hamburger Abendblatt": "Wir haben auf Bundesebene gesehen, dass große Koalitionen nicht in der Lage sind, große Probleme zu lösen." Schwarz-Rot wäre kein Politikwechsel, betonte die Grünen-Chefin.

Kraft peilt Staatskanzlei an

Jürgen Rüttgers und Hannelore Kraft (hier beide im TV-Duell) wollen Regierungschef werden (Foto: WDR/Herby Sachs dpa/picture alliance)
Jürgen Rüttgers und Hannelore Kraft (hier beide im TV-Duell) wollen Regierungschef werdenBild: picture alliance / dpa

Auch Kraft machte deutlich, dass sie Ministerpräsidentin werden will. Ihr erster Gesprächspartner seien die Grünen, sagte Kraft. Mit ihnen solle der weitere Fahrplan für Sondierungsgespräche festgelegt werden. Die SPD wolle danach zunächst das Gespräch mit der FDP suchen.

Zu einem möglichen Regierungsbündnis unter Einschluss der Linken bekräftigte SPD-Chef Gabriel, er sei nach wie vor der Meinung, die Linke sei nicht regierungsfähig. Linke-Bundeschef Oskar Lafontaine stellte für eine rot-rot-grüne Koalition die Bedingung, dass eine neue Regierung keinen Sozialabbau im Bundesrat mittragen dürfe.

Patt in Düsseldorf

Infografik Wahlergebnis der Landtagswahl NRW 2010 vorläufiges amtliches Endergebnis
Infografik Wahlergebnis der Landtagswahl NRW 2010 vorläufiges amtliches Endergebnis DW-Grafik Olof Pock 10.05.2010

Bei der Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland hatte es am Sonntag ein Patt gegeben. Rot-Grün wie Schwarz-Grün fehlt jeweils ein Mandat zur Mehrheit. Rechnerisch möglich sind nun vier Bündnisse: eine große Koalition von CDU und SPD, ein rot-rot-grünes Bündnis aus SPD, Grünen und Linken, eine "Jamaika"-Koalition aus CDU, FDP und Grünen sowie die "Ampel" aus SPD, Grünen und FDP.

Die CDU stürzte bei der einzigen Landtagswahl in diesem Jahr auf 34,6 Prozent - ein Minus von 10,2 Punkten. Die SPD verlor 2,6 Punkte und kam auf 34,5 Prozent. Die Grünen konnten mit 12,1 Prozent ihren Anteil fast verdoppeln, die FDP kletterte leicht auf 6,7 Prozent. Die Linke kam mit einem Ergebnis von 5,6 Prozent erstmals ins Landesparlament. Damit haben CDU und SPD je 67 Sitze, die Grünen stellen 23 Abgeordnete, die FDP 13 und die Linke 11.

Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Manfred Götzke

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