Weltklimabericht
6. April 2007Der Weltklimarat (IPCC) hat am Freitag (6.4.2007) den zweiten Teil seines Berichts vorgelegt. Demnach werden vor allem die ärmsten Menschen infolge des Klimawandels unter Hunger, Durst, Stürmen und Überschwemmungen leiden. Allein in Afrika hätten bis 2020 vermutlich bis zu 250 Millionen Menschen unter Wassermangel zu leiden, heißt es in dem 1400 Seiten starken Bericht. In einigen Ländern würden die Ernten um die Hälfte zurückgehen. Bis zu 30 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten seien vom Aussterben bedroht, wenn die Temperatur um zwei Grad Celsius steige.
In Nordamerika drohen vermehrt tödliche Wirbelstürme, Überschwemmungen, Hitzwellen und Buschbrände mit enormen wirtschaftlichen Folgen. Asien ist ebenfalls von heftigen Überflutungen durch Gletscherschmelze bedroht. Da rund 30 Prozent der Weltbevölkerung auf den 30 Kilometer breiten Küstenstreifen leben, sind auch reiche Länder vom Klimawandel betroffen. Bei einem Temperaturanstieg von vier Grad Celsius drohen dem IPCC zufolge durchschnittlich wirtschaftliche Verluste von bis zu fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Politiker gegen Forscher
"Die Folgen werden alle Kontinente zu spüren bekommen", sagte der stellvertretende Versammlungsleiter, Martin Parry. "Fluten, Wirbelstürme, Dürre- und Hitzeperioden werden immer mehr Menschen gefährden." Ohnehin schon wasserarme Regionen in Afrika könnten vollends verdorren. "Auch Unterernährung wird zu einem immer größeren Problem." Letztlich müssten sich Milliarden von Menschen neue Lebensräume suchen.
Wegen harter Verhandlungen hatte sich Veröffentlichung des Berichts verzögert. Mehrere große Nationen hatten sich bemüht, die 23-seitige "Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger" zu entschärfen. Die USA erreichten Beobachtern zufolge die Streichung eines Abschnitts, der dem nordamerikanischen Kontinent wegen des Klimawandels "schwere wirtschaftliche Schäden und substanzielle Störungen seines sozial-wirtschaftlichen und kulturellen Systems" voraussagte. Strittig waren außerdem das Ausmaß der erwarteten Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten, die Frage, ob eine Schätzung zu den finanziellen Kosten der Klimakatastrophe in den Bericht aufgenommen werden soll sowie Angaben über die Verlässlichkeit der bisherigen Beobachtungen. Beteiligte Forscher sprachen von Vandalismus an der Wissenschaft.
Lösungsvorschläge im Mai
Der IPCC-Report sei dennoch "ein sehr, sehr deutliches Signal" an die Regierungen, erklärte der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte als Reaktion ein internationales Vorgehen für den Umweltschutz. "Der Bericht bestätigt, dass der Klimawandel eine Tatsache ist", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Notwendig sei "ein schnelles und entschiedenes Handeln, um den Temperaturanstieg weltweit zu begrenzen und den Kohlendioxid-Ausstoß zu verringern". Schon der erste Teil des Berichts, der im Februar vorgestellt worden war, hatte die Verantwortung des Menschen für die Erderwärmung so deutlich herausgestellt wie kein Bericht zuvor. Er sagte einen Temperaturanstieg von bis zu 6,4 Grad Celsius bis Ende des Jahrhundert voraus.
Klimaschutz solle auch auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm ein Thema sein, sagte die Bundeskanzlerin: "Mein Ziel ist es, möglichst alle Staaten in die Verantwortung für den Klimaschutz einzubinden." Den dritten und letzten Teil ihres Weltklimaberichts, an dem 2500 Wissenscahftler mitgearbeitet haben, wollen die Forscher Anfang Mai präsentieren. Dann wollen sie Lösungsvorschläge unterbreiten, um die Folgen des Klimawandels abzumildern. Am 17. April wird auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York erstmals über den Klimawandel debattieren. (ask)