Umweltbundesamt will höhere Steuern für SUVs
6. August 2019Der diesjährige Juli war der heißeste Monat seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen - nicht nur in Deutschland. So meldet es der von der EU betriebene Copernicus-Dienst zur Überwachung des Klimawandels. Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen, Stürme - kurz: Extremwetter in immer kürzerer Abfolgen sind spürbare Vorboten des Klimawandels.
Der diesjährige Juli war aber noch mehr. In diesem Monat zeigte sich auch wieder: Gegen jede Vernunft lieben viele Deutsche weiterhin große, schwere Autos, die sie meist eigentlich gar nicht brauchen. So ist die Zahl der Neuzulassungen von sportlichen Geländewagen (SUV) um mehr als 15 Prozent gestiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der Pkw-Gesamtmarkt wuchs um knapp 5 Prozent. Kurz: SUVs verkaufen sich prächtig.
Umweltbundesamt: Umweltsünder sollten zahlen
"Wir müssen Maßnahmen finden, um klimafreundliche Mobilität zu fördern", sagte die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger. Daher plädiert man im Umweltbundesamt dafür, Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß zu verteuern. Der Vorstoß kommt mitten in der Debatte um mehr Klimaschutz.
Das Klimakabinett der Bundesregierung will am 20. September über ein Maßnahmenpaket entscheiden, damit Deutschland seine Klimaziele 2030 erreicht, also eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes um 55 Prozent im Vergleich zu 1990. Darüber hinaus wird man darüber diskutieren, wie Deutschland bis 2050 klimaneutral werden kann. Ins Zentrum der Debatte ist ein Preis für den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase (CO2) gerückt. Dies würde Tanken und Heizen mit Öl oder Gas teurer machen. Auch eine Reform der Kfz-Steuer, die sich künftig mehr am CO2-Ausstoß orientieren könnte, steht im Raum.
Das Umweltbundesamt schlägt nun ein aufkommensneutrales Bonus-Malus-System für Neufahrzeuge vor. Für Fahrzeuge mit hohen CO2-Emissionen müsste dann eine über mehrere Jahre erhöhte Kfz-Steuer bezahlt werden. Wer jedoch ein Auto mit weniger CO2-Ausstoß kauft, würde einen Bonus ausgezahlt bekommen.
Ein kurzfristiger Anreiz könne auch sein, die Energiesteuern von Diesel und Benzin anzugleichen, so Krautzberger. Seit Jahren sei Diesel mit 18,4 Cent pro Liter subventioniert. "Auch das hat dazu beigetragen, dass große und schwere Autos zunehmend mit Dieselmotoren ausgestattet werden - der Effizienzvorteil des Diesels besteht damit nur noch auf dem Papier. Vom Diesel als Klimaschützer kann daher auch keine Rede mehr sein."
Rückenwind aus der Politik
Der Verkehrsbereich sei das klimapolitische Sorgenkind, was auch an den vielen SUVs und Geländewagen auf den Straßen liege, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn. "Über einen SUV-Boom darf man sich nicht wundern, wenn die Autoindustrie ein Modell nach dem anderen in die Verkaufsräume bringt", sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn. "Autohersteller, die ihr Portfolio auf solche Klimakiller ausrichten, torpedieren den Klimaschutz."
Er fordert daher, dass das Klimakabinett Spritschlucker stärker in die klimapolitische Verantwortung nehmen muss und befürwortet ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer. "Mit einem CO2-Preis können Spritsparer entlastet werden, weil sie über die Senkung der Stromsteuer und ein jährliches Energiegeld unter dem Strich ein Plus machen können. Wer aber weiter seinen PS-Boliden fahren möchte, würde künftig stärker an seinen Umweltkosten beteiligt", so Kühn.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, will Neuwagenkäufer stärker zur Kasse bitten, wenn sie sich künftig für einen Diesel oder einen Benziner statt für ein Elektroauto entscheiden. "Wenn jemand das Geld hat, sich ein neues Auto zu kaufen, und unbedingt einen PS-starken Verbrenner will, obwohl umweltfreundlichere Elektroautos zur Verfügung stehen, dann muss er dafür einen Preis bezahlen", so Miersch. "Klimaschädliches Verhalten hat einen Preis, und warum sollten wir den als Gesellschaft nicht auch einfordern?"
Dudenhöffer: Kraftstoffe mit CO2-Abgaben belasten
Nach dem Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen haben neu zugelassene SUVs in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Durchschnitt 144,1 Gramm CO2 pro Kilometer ausgestoßen. Dies entspreche einem Durchschnittsverbrauch von 6,2 Litern Sprit auf 100 Kilometer. Zum Vergleich: Alle Pkw-Neuwagen zusammen seien auf einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 133,4 Gramm pro Kilometer gekommen - bei einem Verbrauch von 5,6 Litern.
Dudenhöffer verwies aber auch darauf, dass zunehmend reine Elektro-SUV verkauft würden, wenn auch auf einem bisher niedrigen Niveau. Bisher sind viele SUV Plug-in-Hybride. Dies sind Autos mit Hybridantrieb, die sowohl über den Verbrennungsmotor als auch am Stromnetz geladen werden können. Notwendig sei ein "echter Umstieg" in batterie-getriebene Elektroautos oder Null-CO2-Autos. Daher sollten Kraftstoffe deutlich mit CO2-Abgaben belastet werden.