Kleinfeld dreht (wieder) das große Rad
25. Oktober 2017Klaus Kleinfeld soll für eine halbe Billion US-Dollar eine künstliche Mega-City aus dem saudischen Wüstensand stampfen. Er nennt seine neue Aufgabe als Leiter des "Neom"-Projekts eine "einzigartige Gelegenheit", der saudische Kronprinz (Artikelbild, rechts) lobt ihn als Lenker an der Spitze "einiger der dynamischsten, fortgeschrittensten und leistungsstärksten Unternehmen der Welt".
In Deutschland ist Kleinfeld vor allem als ehemaliger Vorstandschef des Siemens-Konzerns bekannt. Dort hatte der gebürtige Bremer 1987 angeheuert und war bereits nach wenigen Jahren Mitarbeiter im Bereich Konzernstrategien und dann Leiter der Abteilung Unternehmensprojekte. Ab 1998 baute er zunächst die verlustreiche Siemens-Medizinsparte um und machte sie profitabel. Danach führte er als Chef die umsatzstarke, aber verlustreiche US-Tochter Siemens Corp. in die Gewinnzone zurück.
Nach seinem Aufstieg ...
... zum Vorstands-Chef baute er den Siemens-Konzern um und trennte sich vom früheren Standbein Telekommunikation. Die defizitäre Handy-Sparte, die den Trend zum multimedialen Smartphone komplett verschlafen hatte, wurde in ein Gemeinschaftsunternehmen mit BenQ aus Taiwan eingebracht. Nachdem die Taiwanesen den Geldhahn zudrehten, verschwand die Marke komplett vom Markt und Tausende Siemens-Mitarbeiter verloren trotz Standort-Garantien ihre Jobs.
Den ebenfalls kriselnden Festnetz-Bereich brachte Siemens im Juni 2006 in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der finnischen Nokia ein. Zu Nokia Siemens Networks steuerte Siemens vor allem seine Aktivitäten mit Festnetzen und Mobilfunk-Netzwerken bei. Auch hier kam es zu weitreichenden Entlassungen.
Kleinfelds Zeit bei Siemens wurde 2007 durch das Bekanntwerden einer Korruptionsaffäre im Konzern frühzeitig beendet. Razzien der Staatsanwaltschaft und Verhöre verhafteter Führungskräfte brachten im Herbst 2006 ein weit verzweigtes System aus Schmiergeldzahlungen ans Tageslicht. 2007 verhängte die EU-Kommission darüber hinaus wegen illegaler Preisabsprachen in der Konzernsparte Energieerzeugung ein Bußgeld von 419 Millionen Euro. Weitere Negativschlagzeilen über angebliche Bestechungen von Betriebsräten folgten und zwangen im April 2007 den früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer zum Rücktritt als Chef des Aufsichtsrates.
Obwohl Kleinfeld persönlich nichts vorgeworfen wurde, erklärte auch er sein Ausscheiden aus dem Siemens-Konzern und machte kurz nach dem Rücktritt seines Förderers von Pierer den Weg für einen Neuanfang frei. Eine Abfindung bekam Kleinfeld damals nicht, zahlte aber Ende 2009 zwei Millionen Euro im Streit um Schadensersatz mit dem Siemens-Aufsichstrat.
Aluminium-Manager und Hedgefonds-Queleren
Bereits im August 2007 ging Kleinfeld zum Aluminiumkonzern Alcoa in die USA - zunächst als Chief Operating Officer (COO), ab Mai 2008 als Chief Executive Officer (CEO) und schließlich als Vorstands-Chef des aus Alcoa hervorgegangenen Metallspezialisten Arconic.
Seinen Job an der Arconic-Spitze musste er im April 2017 räumen, nachdem er den Machtkampf mit dem Chef des Hedgefonds Elliott Management, Paul Singer, verloren hatte. Der Investor hatte Kleinfeld über Monate eine zu magere Bilanz bei Arconic vorgeworfen. Kleinfeld schrieb ihm daraufhin einen Brief, der ihn schließlich seinen Job kostete. Das Schreiben, das später öffentlich wurde, war voll kryptischer Anspielungen auf angebliche Ausschweifungen des Hedgefonds-Milliardärs während der Fußball-WM 2006 in Berlin.
Singers Anwalt sah darin einen Erpressungsversuch, Kleinfelds Arbeitgeber einen Beleg für "schlechtes Urteilsvermögen". Kleinfeld musste zurücktreten, aber immerhin wurde ihm der unfreiwillige Abgang bei Arconic mit gut 50 Millionen US-Dollar versüßt.