Klaus Kordon gewinnt Jugendliteraturpreis
21. Oktober 2016Mit seinen Romanen gelinge es Kordon, die Zusammenhänge zwischen Vergangenheit und Gegenwart aufzuzeigen und Geschichten aus der Perspektive der kleinen Leute zu erzählen, so die Jury auf der Frankfurter Buchmesse. Kordon sei ein außergewöhnlicher Autor mit Haltung, der seinen Standpunkt immer wieder hinterfrage und neu bestimme.
Mit dem Jugendliteraturpreis werden jedes Jahr herausragende Werke der Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet. Dieses Jahr wird der Preis zum 60. Mal vergeben. Ziel des Deutschen Jugendliteraturpreises ist es auch, Kindern und Jugendlichen Orientierungshilfe bei einem schier unüberschaubaren Buchmarkt zu bieten. Die mit je 10.000 Euro dotierten Preise werden in vier Sparten vergeben: Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch und Sachbuch. Neben den Spartenpreisen wird außerdem ein Preis durch eine jugendliche Jury vergeben, sowie ein Sonderpreis in Höhe von 12.000 Euro für ein Autoren-Gesamtwerk. Stifter ist das Bundesfamilienministerium. Eingereicht werden können neben deutschsprachigen Kinder- und Jugendbüchern genauso Titel fremdsprachiger Autoren – soweit sie ins Deutsche übersetzt wurden.
In diesem Jahr sprach sich die Kritikerjury in der Sparte Kinderbuch für "Das Mädchen Wadjda" der saudi-arabischen Filmemacherin Hayfa Al Mansour aus. Darin verfolgt ein Mädchen beherzt seinen Traum, irgendwann das schöne grüne Fahrrad zu besitzen, das sie jeden Tag vor einem Spielzeugladen auf ihrem Schulweg sieht. Die Geschichte schärfe die Wahrnehmung für den arabischen Kulturraum, so die Jury.
Als bestes Jugendbuch überzeugte Kirsten Fuchs' Roman "Mädchenmeute" über sieben sehr unterschiedliche Heldinnen. Kristina Gehrmanns konnte sich für "Im Eisland" über den Preis in der Sparte Sachbuch freuen: Ihr Buch handelt von der Expedition von John Franklin im Jahr 1845, die zum Ziel hatte, einen Seeweg zwischen dem Nordatlantik und dem Nordpazifik zu finden. In der Graphic Novel gelinge eine überzeugende Verbindung aus Sachinformation und Erzählung.
Als bestes Bilderbuch konnte sich "Der Hund, den Nino nicht hatte" von Edward van de Vendel mit Bildern von Anton van Hertbruggen durchsetzen. Die Jugendjury sprach ihren Preis in Höhe von 10.000 Euro Peer Martin für "Sommer unter schwarzen Flügeln" zu. Das Werk erzählt die tragische Liebesgeschichte zwischen dem syrischen Mädchen Nuri und dem Neonazi Calvin.
Die Jugendliteratur in Deutschland ist nach Einschätzung von Literaturexperten wieder politischer geworden. Die Phase, in der Fantasy im Mittelpunkt stand, sei offenbar vorbei, sagte die Geschäftsführerin des Arbeitskreises für Jugendliteratur, Doris Breitmoser, am Donnerstag in Frankfurt. Unter den nominierten Titeln seien viele hochpolitisch und handelten unter anderem von Flüchtlingsschicksalen, Rechtsradikalismus und dem Leben von Jugendlichen in einer Diktatur.
Die Geschäftsführerin lobte die Qualität vieler Kinder- und Jugendbücher. Gerade beim Sachbuch gingen Autoren und Verlage neue Wege der Wissensvermittlung, etwa durch Comics, die Einbindung von Fakten in Geschichten und durch gute Ausstattung. "Ich habe den Eindruck, dass das Buch sich mit Blick auf die Digitalisierung auf seine eigenen Stärken besinnt und derzeit alle Register zieht", so Breitmoser. "Manches lässt sich digital einfach nicht vermitteln. Viele auch junge Leser möchten ein Buch auch in der Hand haben, es fühlen, riechen und blättern."
Für 2017 kündigte Breitmoser, zudem einen zusätzlichen Sonderpreis für "Neue Talente" an: Damit sollen deutsche Autoren, Übersetzer und Illustratoren für herausragende Erstveröffentlichungen geehrt werden.
Die Preisfigur, die verliehen wird, zeigt Momo, die Heldin aus Michael Endes gleichnamigem Roman. Das gesellschaftskritische Werk hält ein Plädoyer für freie, unverplante Zeit und scheint damit heute genauso aktuell wie damals. Die Voraussetzung für kulturelle Erfahrungen überhaupt - und damit auch für das Lesen - bleibt das Heraustreten aus den Geschwindigkeitsregeln und Effizienzbefehlen der Zivilisation und das Eintreten in die jedem Menschen eigene Zeit. "Momo" erhielt 1974 den Deutschen Jugendliteraturpreis und wurde in über 40 Sprachen übersetzt. Sie ist in Island genauso bekannt wie in Japan oder am Kap der Guten Hoffnung. Diese Internationalität zeichnet auch den Deutschen Jugendliteraturpreis aus.
jhi / ash (KNA/dpa)