Klarer Wahlerfolg für Thailands Opposition
4. Juli 2011Bei der Parlamentswahl in Thailand hat die Oppositionskandidatin Yingluck Shinawatra am Sonntag einen erdrutschartigen Wahlsieg errungen. Die von ihr geführte Puea-Thai-Partei erzielte laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 265 der 500 Mandate und erreichte damit die absolute Mehrheit. Die Demokratische Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Abhisit Vejjajiva kam auf lediglich 159 Sitze. Die Wahlbeteiligung lag bei annähernd 75 Prozent. Abhisit räumte seine Niederlage ein, gratulierte Yingluck zum Wahlsieg und kündigte seinen Rücktritt als Parteivorsitzender an.
Die 44-jährige Schwester des früheren Regierungschefs Thaksin Shinawatra sagte in Bangkok, wo die Wahlkommission der Puea-Thai-Partei eine absolute Mehrheit im neuen Parlament bescheinigte, das Volk habe ihr eine Chance gegeben. Sie kündigte die Bildung einer Fünf-Parteien-Koalition an. Thaksin selbst rief seine Landsleute aus dem Exil in Dubai zur Versöhnung auf.
Test für Thailands Demokratie
Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm an diesem Wahlsonntag. 170.000 Polizisten überwachten den Urnengang, bei dem mehr als 47 Millionen Thailänder über die Verteilung der 500 Mandate im Parlament abstimmen konnten.
Die Wahl galt als Test für die Fähigkeit des südostasiatischen Landes, den seit Jahren andauernden Konflikt zwischen den politischen Lagern zu überwinden. Bei Zusammenstößen zwischen den Anhängern der konkurrierenden Lager wurden allein im vergangenen Jahr mehr als 90 Menschen getötet. Thaksins Partei hatte für den Fall ihres Wahlsiegs eine Amnestie für verurteilte Politiker versprochen.
Vor diesem Hintergrund wird in Thailand die Machtübergabe mit großer Spannung erwartet. Denn es bleibt die Frage, wie die Wahlverlierer in den nächsten Wochen mit der Niederlage umgehen werden. Werden die Streitkräfte den Sieg von Yingluck und möglicherweise sogar die Rückkehr Thaksins aus dem Exil akzeptieren? Oder wird es wieder Proteste und Tote geben? Womöglich gar einen neuen Putsch?
Armee erkennt Wahlsieg an
Der scheidende Verteidigungsminister Prawit Wongsuwon versicherte am Montag (04.07.2011) nach Gesprächen mit Militärführern in der Hauptstadt Bangkok, die Armee werde das Wahlergebnis akzeptieren. "Das Volk hat sich eindeutig ausgesprochen, also kann die Armee nichts machen."
Seit dem Coup gegen Thaksin im Jahr 2006 hat Thailand seinen Ruf als Pfeiler der politischen Stabilität in Südostasien verloren. Nach dieser Parlamentswahl hoffen viele Thailänder auf eine Rückkehr zu politischer Sicherheit. Wenn die Wahlergebnisse respektiert werden, bestehe Hoffnung, sagt die Bangkoker Politologin Siripan Nogsuan Sawasdee. "Aber wenn nicht, stehen wir wieder am Anfang - neue Proteste, mehr Gewalt."
Die Streitkräfte, die seit 1932 achtzehn Putsche oder Putschversuche unternommen haben, werden generell den Gelbhemden zugerechnet, die bei der Wahl Ministerpräsident Abhisit unterstützten.
Doch Thaksin und seine Vertreter haben die letzten vier Wahlen gewonnen, Abhisits Demokraten keine einzige mehr seit 1992. Nach dem klaren Wahlsieg der Thaksin-Partei der Volksmacht (PPP) Ende 2007 und den darauf folgenden Protesten der Gelbhemden übernahmen Abhisit und dessen Partei unterstützt durch die Streitkräfte und ein umstrittenes Gerichtsurteil über einen Wahlbetrug der Thaksin-Partei die Regierung.
Militär unterschätzt Landbevölkerung
Thailands Streitkräfte und die elitäre Oberschicht seien in einer Illusion gefangen, die nicht mit Demokratie vereinbar sei, sagt die Politologin Siripan. Die Elite glaube weiterhin, dass die Landbevölkerung nicht bereit sei, ihre Staatsführung zu wählen, weil sie arm und ungebildet ist. Doch genau sie ist der Wählerteich, in dem Thaksin und seine Verbündeten fischen. Zusätzlich schwelt für die königstreuen Gelbhemden im Hintergrund die Frage nach einer geregelten Nachfolge für den kranken 83-jährigen König Bhumibol Adulyadej.
Obwohl Thaksins Regierung von zunehmend autoritären Zügen und Korruptionsvorwürfen gekennzeichnet war, sehen in ihm viele immer noch den Retter der Armen. Und die Positionierung seiner Schwester als Kandidatin hat der Partei zusätzlich Auftrieb gegeben. Bei aller Rivalität geht beinahe unter, dass Demokraten und Pheu Thai trotz vieler Unterschiede bei einigen der wichtigsten Themen dasselbe Wahlprogramm hatten: Erhöhung der Mindestlöhne, die Einrichtung eines öffentlichen Gesundheits- und Rentenwesens und ein härteres Vorgehen gegen Drogen.
Autorin: Annamaria Sigrist (dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Martin Schrader, Susanne Eickenfonder