Kitsch als Kunstform: Jeff Koons in Bilbao
Bei Kunstkritikern ist Jeff Koons oft umstritten, aber als Publikumsmagnet ist er unschlagbar. Das Guggenheim Museum in Bilbao zeigt eine Retrospektive des US-Amerikaners.
Welcome to Bilbao
Auf Kunst und Kommerz versteht sich der US-Amerikaner Jeff Koons ausgezeichnet. Inzwischen wird er als zeitgenössischer Künstler ernstgenommen, seine Werke erzielen auf den internationalen Kunstauktionen Höchstpreise. Das Guggenheim Museum im spanischen Bilbao, bekannt für publikumswirksame Ausstellungen, präsentiert bis September 2015 eine Werkschau des populären Künstlers.
Große Werkschau
Die überdimensionierte Skulptur eines Hundewelpen stand in den 1990er Jahren schon mal vor dem Guggenheim Museum in Bilbao. Konzipiert hatte Jeff Koons sie als Überraschungscoup für das Beiprogramm der documenta IX (1992) in Kassel, zu der er als Künstler nicht eingeladen war. "Puppy" ist zwölf Meter hoch und besteht aus 17.000 Blumen – und er war damals Publikumsliebling der Foto-Touristen.
Viel heiße Luft
Die Arbeiten von Koons wurden mit der Zeit immer größer und spektakulärer. Damit ließen sich auch gigantisch hohe Preise erzielen. Zu seinen finanzkräftigen Sammlern zählen der Oligarch Victor Pinchuk und der französische Unternehmer François Pinault, zu dessen Imperium das Auktionshaus Christie's gehört. Koons "Balloon Dog" erzielte dort 2013 den Rekordpreis von 58,4 Millionen Dollar.
Banalität und Kunst
Die Kunstkritiker streiten sich, ob alles, was Jeff Koons in seinen Produktionswerkstätten herstellen lässt, ernstzunehmende Kunst ist. "Einführung von Banalität/Alltäglichkeit" hat der Künstler einmal ironisch eine Arbeit betitelt. Koons will immer ein Massenpublikum erreichen, sagt er. Und das gelingt ihm weltweit: In China gehören seine poppigen Skulpturen zu den meistkopierten Kunstwerken.
Copy & Paste
In seiner Anfangszeit am Institute of Art in Baltimore und an der Kunsthochschule in Chicago studierte Koons eifrig die Kunstgeschichte. Zitate aus berühmten Werken, von der Antike bis zur Neuzeit, gehören zu Versatzstücken seines Kunstrepertoires. Er reizt dabei gern die Grenzen des Urheberrechts aus, kopiert Fotos und setzt sie in Skulpturen um. Das hat ihm einige Plagiatsprozesse eingebracht.
Der Werbekünstler
Schon als Elfjähriger verkaufte Koons, der am 21. Januar 1955 geboren wurde, sein erstes Bild. Sein Vater war Innenausstatter und Besitzer eines Möbelgeschäfts, wo er als Junge mit Plastikkultur und Kulissen in Berührung kam. Seine späteren Bildmotive seien oft in seiner Kindheit verwurzelt, erzählt er in Interviews. Nach dem Kunststudium arbeitete er im Museum of Modern Art (MoMa) in New York.
Die Marke Koons
Alles, was Koons als Kunst veröffentlicht, ist fabrikmäßig hergestellt - in kühler, unpersönlicher Perfektion. 128 Leute beschäftigt er in seinem Studio, das aseptisch wie ein Operationsaal aussieht. 64 arbeiten in der Malabteilung, 44 fertigen nach seinen Maßgaben Skulpturen an. Vieles bringt der Künstler als "brands", als eigene Marke, auf den Markt: wie diese in Wasser schwebenden Basketbälle.
Pornoqueen als Model
Für seine Werkserie "Made in Heaven" engagierte Koons 1990 die ungarisch-italienische Pornodarstellerin Cicciolina (bürgerlich: Ilona Staller), mit der er eine leidenschaftliche Affäre begann. Die Heirat der beiden sorgte 1991 weltweit für Schlagzeilen. Pornographische Szenen, silikonpralle Brüste und kitschige Fotoarbeiten gehörten von da an zu seinem Standard-Repertoire.
Popikonen als Werbeträger
Jeff Koons hat sein Verkaufstalent früh geschult und als Künstler sehr professionell ausgeprägt. "Es geht vor allem um Kommunikation. Und Kunst ist Kommunikation", lautet sein Credo, mit dem er gnadenlos die Popularität seiner Bildobjekte ausschlachtet – wie hier den Popmusiker Michael Jackson. Für Weltstar Lady Gaga gestaltete Koons 2013 das Cover für ihr Album "Artpop".
Herz und Schmerz
Die Banalität seiner Motive, die wie Versatzstücke aus der Werbung wirken, hat Koons immer wieder Kritik eingebracht. Museumsbesucher bewundern dagegen die Strahlkraft seiner Arbeiten, hier sein "Hanging Heart", das auf dem Berliner Ausstellungsfestival "Der Kult des Künstlers" (2008) gezeigt wurde. Die aktuelle Ausstellung im Guggenheim Museum Bilbao ist noch bis zum 27.9.2015 zu sehen.