Kinderrecht auf Wasser
20. Juni 2012
Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF spricht von einer globalen Wasserkrise. Diese sei insbesondere eine Bedrohung für die Kinder der südlichen Hemisphäre. Zu diesem Ergebnis kommt der am Mittwoch (20.06.2012) in Berlin vorgestellte UNICEF-Report 2012. Trotz teilweise großer Erfolge bei der Erreichung einiger der Millenium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen gehe vor allem auf einem Gebiet die Schere weiter auseinander: Bei der Verwirklichung eines weltweiten Rechts auf sauberes Wasser. Während in Schwellenländern wie China, Brasilien oder Mexiko teilweise spektakuläre Erfolge erzielt wurden, so der Bericht, habe es in anderen Regionen der Welt bei der Wasser-Versorgung insbesondere der Ärmsten kaum Fortschritte gegeben.
3000 Kinder sterben täglich an Durchfall
Laut UNICEF haben aktuell knapp 800 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser – sie müssen ums Überleben kämpfen. Über zwei Milliarden Menschen fehlt jeglicher Zugang zu angemessenen sanitären Einrichtungen. "Es ist schwer nachvollziehbar, wenn beispielsweise in einem Land wie Indien - das sich zum Hightechstandort entwickelt - landesweit weniger als die Hälfte der Menschen eine einfache Latrine hat", sagt der UNICEF-Deutschland-Vorsitzende, Jürgen Heraeus. Er sieht in diesem Missstand auch den Hauptgrund, warum über die Hälfte der Bevölkerung in den Entwicklungs- und teilweise auch in Schwellenländern unentwegt an Krankheiten leide. Insbesondere Kinder würden überdurchschnittlich häufig Infektionskrankheiten bekommen, wie Cholera, Typhus, Polio oder Hepatitis, ausgelöst durch Erreger menschlicher Fäkalien. "Täglich sterben 3000 Kinder an Durchfall", so Jürgen Heraeus..
Ein unhaltbarer Zustand, vor allem, weil bereits einfachste Hygienemaßnahmen helfen könnten. Ausreichend Wasser für das tägliche Händewaschen mit Seife würde demnach die Gefahr von Durchfallerkrankungen bereits um 45 Prozent senken, so der UNICEF-Report. Doch Händewaschen kann angesichts sprunghaft steigender Wasserpreise ein unbezahlbarer Luxus sein. So müssten arme Familien in Schwellen- und Entwicklungsländern oft bei privaten Händlern für einen Liter Wasser bis zu 50-mal mehr bezahlen als ihre wohlhabenden Nachbarn, die an ein Wasserversorgungsnetz angeschlossen sind. "Es ist sehr teuer, arm zu sein", zu diesem Schluss kommt auch Yoka Brandt, stellvertretende Direktorin von UNICEF in New York.
Die Wasserkampagne für 500.000-Kinder
UNICEF Deutschland will deshalb künftig besonders in Wasserversorgungsnetze in unterentwickelten Regionen investieren. "Unser Ziel ist es, mit den Geldern unserer deutschen Spender bis 2015 rund 500.000 Kindern Zugang zu sicherem Wasser und sanitären Anlagen zu verschaffen, einschließlich Hygieneaufklärung", sagt Christian Schneider, UNICEF Geschäftsführer Deutschland.
Neben pragmatischen Finanzierungslösungen fordert die stellvertretende UNICEF-Direktorin Yoka Brandt aber auch eine Überarbeitung der UN-Entwicklungsziele, die 1999 beim Milleniums-Gipfel in New York verabschiedeten wurden. Zentrale Forderung sei damals gewesen, bis 2015 die Zahl der Menschen zu halbieren, die keinen Zugang zur Wasser- und Sanitärversorgung haben. Was aus den in ihrer Not verbleibenden Menschen werden soll, darüber schweige sich das Dokument von damals aus. "Bei der Überarbeitung der Millenium-Entwicklungsziele sollten wir uns darauf konzentrieren, die Gründe zu identifizieren, warum Menschen bei der Wasserversorgung außen vor geblieben sind", fordert Yoka Brandt. "Nur so können wir sicherstellen, dass die neuen Entwicklungsziele auch wirklich alle Menschen erreichen." Ein Appell, auch an die Adresse des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in Rio. "Rio sollte den Beginn markieren, an dessen Ende wir neue Entwicklungsziele haben, die auch in 20 Jahren noch gelten", sagt Brandt.