Kernschmelze der Börsen
10. Oktober 2008Der Deutsche Aktienindex DAX stürzte am Freitag (10.10.2008) nach Handelseröffnung um 9 Prozent auf 4.447 Punkte in die Tiefe. In der Schweiz brach der Swiss Market Index (SMI) in den ersten Handelsminuten um 7,27 Prozent auf einen Stand von 5.377,09 Punkten ein. Zuvor hatte der Kurseinbruch an der Wall Street auch die Börsen in Fernost in den Abwärtsstrudel gerissen. In Tokio verlor der Leitindex Nikkei im Handelsverlauf teilweise 11,4 Prozent. Der Dow-Jones-Index war am Donnerstag im New Yorker Handel um 679 Punkte oder 7,3 Prozent eingebrochen und notiert erstmals seit fünf Jahren unter der Marke von 9000 Zählern. "Wir sehen eine Kernschmelze an den Börsen der Welt, ausgelöst durch die wachsende Angst vor einer weltweiten Rezession", sagt Kazuhiro Takahashi vom Versicherer Daiwa Securities SMBC.
Auch an der südkoreanischen Börse ging es steil bergab. Der Leitindex Kospi verlor am Freitagmorgen im Handelsverlauf teilweise über neun Prozent, erholte sich aber wieder etwas. Die Börse in Hongkong sackte ebenfalls ab. Der Hang-Seng-Index fiel im frühen Handel um 1.211 Punkte oder 7,6 Prozent auf 14.731 Zähler.
Die indonesische Börse in Jakarta blieb entgegen ursprünglicher Planung auch am Freitag geschlossen, um "noch größere Panik zu verhindern", wie der Börsenvorstand erklärte. Der Handel war am Mittwoch ausgesetzt worden und wird vorerst für unbestimmte Zeit eingestellt. Der indonesische Leitindex JSX war in dieser Woche um 21 Prozent gefallen. Mit einem Gesamtverlust um 47 Prozent in diesem Jahr steht er in ganz Asien mit am schlechtesten da.
Neues Geld für Japan
Die japanische Zentralbank hat angesichts der Folgen der Finanzkrise dem Geldmarkt zusätzliche Liquidität in Rekordhöhe bereitgestellt. Am 18. Handelstag in Folge pumpte die Bank of Japan 4,5 Billion Yen (32,8 Mrd Euro) in den Markt, um für Stabilität zu sorgen. Die Bank führte die Liquiditätsversorgung dabei ungewöhnlicherweise in drei einzelnen Runden durch. Auf diese Weise versucht die Zentralbank, die Banken des Landes dazu zu bewegen, sich wieder gegenseitig Geld zu leihen.
Die Maßnahme erfolgte am selben Tag, an dem mit dem Lebensversicherer Yamato Life erstmals ein japanisches Finanzinstitut als Folge der Finanzkrise zusammenbrach. Die fast 100 Jahre alte Lebensversicherung Yamato Life Insurance musste am Freitag mit Schulden von 269,5 Milliarden Yen (1,9 Milliarden Euro) bei Gericht Gläubigerschutz beantragen. Der Präsident von Yamato, Takeo Nakazono, entschuldigte sich nach japanischem Ritual mit tiefen Verbeugungen für den Zusammenbruch.
Es ist der erste Zusammenbruch in Japans Versicherungsbranche seit sieben Jahren. Yamato gehörte zu den Versicherern des Landes, die sich am stärkten bei hochriskanten Anlagen engagiert hatten und nun von der globalen Krise voll erwischt werden.
G7 oder G8?
Unterdessen bereiten sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G7-Staaten auf ihr Treffen in Washington vor. Die Börse bleibt aber skeptisch: "Die Investoren sind sich nicht so sicher, dass die G7 effektive Schritte einleiten werden, um die globale Finanzkrise einzudämmen", sagt Yutaka Miura von der Versicherung Shinko Securities. Japan erwägt die Einberufung eines Sondergipfels der sieben führenden Industrienationen und Russland (G-8) zur globalen Finanzkrise. Sollten die G-7-Finanzminister am Freitag in Washington keine Lösung der weltweiten Probleme finden, sei er bereit, einen Krisengipfel einzuberufen, sagte Japans Regierungschef Taro Aso.
Jahrestief
Die Angst vor einer weltweiten Rezession hat den Ölpreis unterdessen auf ein neues Jahrestief gedrückt. Ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte West-Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im November kostete im frühen Handel 82,41 US-Dollar und damit 4,18 Dollar weniger als zum Handelsschluss am Vortag. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent sank um 3,71 Dollar auf 78,95 Dollar. In den USA und Japan waren die Aktienkurse weiter eingebrochen.
Händler befürchten, dass die weiter tobende Finanzkrise die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen könnte. Dies würde auch die Ölnachfrage einbrechen lassen. Ökonomen haben inzwischen ihre Prognosen für die Ölnachfrage deutlich gesenkt. Darüber hinaus zögen Anleger sich auch zunehmend aus den Ölmärkten zurück und legten ihre Gelder in sicheren Häfen wie etwa Anleihen von gut beleumundeten Staaten an, hieß es. (sams)