Religion und Politik trennen
26. Mai 2010Der Dialog zwischen den Religionen wird in der heutigen Welt immer wichtiger. Als einer der wichtigsten Vertreter eines werteorientierten Dialogs im europäisch-arabischen interreligiösen Diskurs gilt der syrische Großmufti Sheikh Ahmad Badr al-Din Hassoun. Er war dieser Tage zu Gast in Berlin - auf Einladung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.
"Mahnende und weise Stimme"
In seiner Begrüßungsrede unterstrich der Vorsitzende der Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering, den Dialog der Religionen in Deutschland. Und auch für den Großmufti hatte Pöttering nur lobende Worte übrig. Weil dieser für einen offenen und konstruktiven Dialog der Religionen und Kulturen eintrete, werde wird ihm eine weit über die Grenzen Syriens und der arabisch-muslimischen Welt hinaus reichende Wertschätzung und Achtung entgegengebracht, lobte Pöttering seinen Gast.
Als 'mahnende und zugleich weise Stimme' im oftmals lauten Gerede über den Zusammenprall der Kulturen gebe der Großmufti Orientierung und sei damit ein wichtiger Gesprächspartner, sagte der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments weiter.
"Terrorismus im religiösen Gewand"
Vor den Teilnehmern der Veranstaltung in der Konrad-Adeneuer-Stiftung in Berlin sprach sich der syrische Großmufti für Toleranz und den Dialog der Religionen aus. Er verurteilte dabei insbesondere die Politisierung der Religion sowie den Terrorismus in religiösem Gewand: "Ich glaube, dass wir uns heute in einer gefährlichen Zeit befinden. Wir müssen gemeinsam die Ausweitung des Terrors stoppen, der sich weltweit ein religiöses Gewand übergezogen hat", erteilte Großmufti Sheikh Hassoun in seiner Rede jeglicher religiöser Gewalt eine Absage. "Nach dem Studium aller Kriege habe ich keinen einzigen 'heiligen' Krieg gefunden. Das Töten von Menschen ist niemals heilig, das Leben des Menschen dagegen ist heilig." Der syrische Großmufti sprach sich auch an dieser Stelle gegen die Vermischung von Politik und Religion aus.
Dialog in den Universitäten
Als Beispiel für einen religiösen Konflikt, der in Wirklichkeit politisch motiviert sei, nannte der Großmufti neben dem Balkankonflikt in den 1990er Jahren auch den Nahostkonflikt. Sheikh Hassoun forderte ein weltweites Waffenembargo für den Nahen Osten, um dort das Blutvergießen zu beenden. Er bete dafür, dass die Mauer zwischen Israel und Palästina genauso friedlich fallen möge, wie die Berliner Mauer vor über zwanzig Jahren. Ausdrücklich beglückwünschte er das deutsche Volk dazu, dass damals kein Blut vergossen wurde. Im Nahen Osten gebe es jedoch politische Parteien, die die Religion ausnutzen, um schon die Jugend vom Dialog der Kulturen fernzuhalten. Daher forderte er, den Dialog insbesondere mit den jungen Studenten in den Universitäten zu beginnen.
Ethik-Unterricht soll den Dialog voranbringen
Allein aus Deutschland habe er, so Sheikh Hassoun, über eintausend Studenten in den letzten fünf Jahren in der Moschee empfangen und mit ihnen intensiv diskutiert. Unter ihnen waren Juden, Christen und auch Atheisten und Säkulare. Voranbringen könnte den Dialog nach Ansicht des syrischen Großmuftis auch eine Art gemeinsamer Ethik-Unterricht in den ersten Schuljahren, wie er in Syrien vorgesehen werde. Darauf könne dann der spätere Religionsunterricht ab der 7. Klasse aufbauen. Es gehe darum, auch die Meinungen der Anderen anzuhören, sie zu respektieren. Der Dialog der Religionen dürfe kein elitäres Thema sein, sondern müsse in alle Bereiche der Gesellschaft getragen werden.
Autorin: Sabine Ripperger
Redaktion: Thomas Latschan