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Keine Keime bei Implantaten

Gudrun Heise29. Oktober 2014

Implantate sind ein Thema auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. Werden die Implantate eingesetzt, dringen häufig Keime in den Körper ein. Wissenschaftler forschen an einer neuen Lösung.

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Künstliches Hüftgelenk (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Viele Patienten fürchten nicht so sehr die Hüft- oder Knie-Operation. Viel größer ist ihre Angst vor Keimen, die in den Körper eindringen könnten und die resistent sind gegen herkömmliche Antibiotika. Jedes Jahr trifft es in deutschen Krankenhäusern Hunderttausende von Patienten. Die Folgen sind meistens schwerwiegende Entzündungen. Die Keime können dazu führen, dass Wunden schlecht oder gar nicht heilen.

Infektionen vermeiden

Am #link:http://www.igb.fraunhofer.de/:Fraunhofer Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik# versuchen Forscher Lösungen zu finden. "Es geht dabei vor allem darum, Materialien zu entwickeln, die einen Einsatz von Antibiotika über das Blut überflüssig machen", erklärt Dr. Michaela Müller. "Auch wenn man sehr vorsichtig arbeitet, kommen Keime von der Haut ins Innere und können dort im schlimmsten Fall sogar zu einer Sepsis führen."

Symbolbild Operation (Foto: Fotolia)
Keime drohen bei jeder OperationBild: Fotolia/muratolmez

Die Entwicklungen zielen darauf ab, dass Wirksubstanzen in die Materialien gebracht werden, die implantiert werden sollen. Sie sollen in der ersten Zeit nach einer Operation, in den ersten zwei oder drei Tagen, die eingeschleppten Keime abtöten.

Keimfreie Knochenersatzstoffe

Bei den derzeitigen Forschungen im Kampf gegen Keime geht es auch um Knochenzemente. Die werden verwendet, wenn das Knocheninnere aufgefüllt werden muss, beispielsweise zum Befestigen von Hüftprothesen im Oberschenkelknochen. "Diese Materialien gibt der Arzt ja von außen in den Körper. Und auch da besteht die Gefahr, dass Keime eingeschleppt werden", erklärt Müller.

Zusammen mit Materialwissenschaftlern am Carnot CIRIMAT Institut in Toulouse haben die Fraunhofer Forscher einen Knochenersatzstoff entwickelt, bei dem der Infektionsschutz gewissermaßen integriert ist. Das internationale Team hat Experimente mit verschiedenen Stoffen durchgeführt, zum Beispiel mit Silber-, Kupfer-und Zinkionen. Aber auch Enzyme und Peptide, die in der Lage sind, Bakterien zu zersetzen, wurden getestet. Die französischen Forscher haben die Metallionen in die so genannten Apatit-Kristalle eingesetzt, also verschiedene Minerale. Die Biologen in Stuttgart konnten bereits nachweisen, dass das fertige Pulver tatsächlich vor Infektionen schützen kann. Die Bakterienanzahl, die in unmittelbarer Nähe zum Knochenersatzstoff war, konnte um mehr als 90 Prozent reduziert werden.

Keime in Schale (Foto: dpa)
Krankenhauskeime sind noch immer ein großes ProblemBild: picture-alliance/dpa

Weitere Tests sind nötig

Klinische Studien stehen für viele der Forschungsergebnisse des Fraunhofer Instituts noch aus. Denn sie sind sehr teuer und müssen finanziert werden. Da höre es dann meistens auf, so Müller. "Im Moment haben wir erste Hinweise darauf, dass es funktioniert. Es ist aber noch nicht so weit, dass man damit in eine klinische Studie gehen könnte. Wir müssten vorher noch weitere Tierversuchsreihen durchführen, bevor es dann endlich auch zu Studien am Menschen kommt. Wann das so weit sein wird, ist auch aus finanziellen Gründen noch nicht absehbar."

Auch mit Silber haben die Forscher experimentiert. "Man muss immer abwägen. Das Material soll die Mikro-Organismen abtöten, aber nicht die Zellen schädigen. Und gerade Silber kann in einer gewissen Konzentration zellschädigend wirken", erklärt Michaela Müller. Deswegen sei es so schwer, Material zu entwickeln oder einen Sensor, der für alles passt. "Die Biologie ist sehr anpassungsfähig. Mikro-Organismen haben sich seit Millionen, seit Milliarden Jahren entwickelt, und sie reagieren auf alles, was man ihnen anbietet. Und es entwickeln sich eben auch Resistenzen. Es ist ein Wettlauf. Der Körper rüstet nach, die Mikro-Organismen rüsten nach, und man muss dann schauen, wer das Spiel gewinnt."