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Keine Illusionen

Curtis Klaus6. Februar 2003

Die Berlinale - ein Fest für Cineasten. Doch hinter der schönen Glitzerwelt des Films steckt ein hartes Geschäft. Deshalb sollen erstmals Profis dem Nachwuchs in einem Festival-Workshop helfen.

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Festspielleiter Kosslick will den Nachwuchs fördernBild: AP

Eines können die Teilnehmer des Berlinale Talent Campus schon im Vorfeld lernen: Sex sells. Denn unter dem mehrdeutigen Titel "You always remember the first time" findet zur Berlinale erstmals auch ein "Winterseminar" für junge Nachwuchstalente der Filmbranche statt. Sein Ziel ist es, Kontakte zwischen jungen Regietalenten und professionellen Produzenten und Regisseuren zu vermitteln.

Bunte, internationale Mischung

Fünf Tage lang können Drehbuchautoren, Kameraleute, Produzenten, Regisseure und Schauspieler Workshops und Vorträge besuchen. Dabei werden sie von Profis in der Vorbereitung einer Produktion bis hin zur Vermarktung eines Films unterrichtet. Außerdem geben Prominente wie Dennis Hopper und Wim Wenders den Talenten ihren Erfahrungsschatz preis.

Talent Campus Logo Berlinale

Die Idee für den Talent Campus geht auf Dieter Kosslick zurück, den Festspielleiter der Berlinale. "Diese Veranstaltung ist speziell für den Nachwuchs gemacht, damit er lernt, sich zu organisieren und mit professionellen Filmemachern zusammen zu kommen. Außerdem erfahren wir so, wie die Szene tickt und wo die neuen Trends liegen", meint Thomas Struck, selbst Filmemacher und Cheforganisator des Talent Campus, im Gespräch mit DW-WORLD. Insgesamt 2000 Bewerber hatten sich für dieses Seminar im Haus der Kulturen der Welt, unweit des Berlinale-Zentrums am Potsdamer Platz, beworben. Nun reist eine bunte Mischung von 500 Talenten aus 61 Ländern nach Berlin, in eine Stadt, die nach Überzeugung der Campus-Macher vor jungen Talenten sowieso schon fast platzt.

Nette Leute, harte Zeiten

Trotz des hohen Promi-Faktors steht für viele Teilnehmer das praktische Lernen im Vordergrund. Wayne Yung kommt aus Kanada, lebt in Hamburg und dreht digitale Videos. "Ich möchte vor allem lernen, wie man Drehbücher schreibt. Und weil ich noch wenig Erfahrung mit Schauspielern habe, möchte ich lernen, wie man mit ihnen am Set umgeht." Yung, der die deutsche Filmszene noch nicht gut kennt, will auch herausfinden, wie das Filmemachen in Deutschland eigentlich funktioniert. Sein persönliches Motto lautet daher: "Meet people."

Berlinale Showcases New Films
Bild: AP

Die Interessen der meisten Teilnehmer sieht Struck "eher beim künstlerischen und gehobenen Kunstkino als beim kommerziellen Film". Großzügige Förderer für eigene Projekte zu finden, hält Jojo Ensslin aber für unwahrscheinlich. Der Grafik-Designer hat schon einen eigenen Kurzspielfilm gedreht und betreibt eine Kunstgalerie in Düsseldorf: "In Deutschland ist es extrem schwierig, einen kommerziellen Förderer zu finden, gerade, wenn man keine Mainstream-Filme macht." Die öffentlichen Fördertöpfe sind nach wie vor die wichtigsten Finanzquellen für junge Filmemacher mit ungewöhnlichen Ideen.

Aber das Filmbusiness ist weltweit ein harter Markt, darüber machen sich die beiden Filmkünstler keine Illusionen. Marketingstrategien und Finanzpläne sind ihnen eher ein Gräuel, aber sie wissen, dass Kenntnisse darüber sehr wichtig sind. Am meisten freuen sie sich auf den Austausch mit Gleichgesinnten. "Ich möchte interessante Diskussionen führen und vielleicht auch einen Partner zur Realisierung einer gemeinsamen Idee finden", so Ensslin.

Eine Versuchswerkstatt für die Stars von morgen

Welche Resultate die Veranstaltung tatsächlich bringt, ist im Moment noch unklar. "Da der Talent Campus zum ersten Mal stattfindet, befinden wir uns noch in einer Erprobungsphase. Aber langfristig wollen wir zu einer Talent-Schmiede werden", hofft Struck. Die Hoffnung, neuen Stars zu Durchbruch zu verhelfen, klingt dabei durch. Ob das mit diesem Konzept funktioniert, und ob die Jungen tatsächlich mit den Alten zusammen kommen, bleibt abzuwarten.

Als besondere Motivation winkt ein Kurzfilmpreis. Der Clou daran: Die konkurrierenden Filme gibt es noch gar nicht, die sollen erst während des Talent Campus entstehen und von den Teilnehmern prämiert werden. Und dieser noch recht experimentell klingende "Talent-Movie-of-the-week-Award" (Preis für den besten Talent-Film der Woche) kann vielleicht der Beginn einer langen Karriere werden.