Durch die Hintertür
21. Dezember 2006EU-Kommissionspräsident Jose Barroso hieß die Neuen im Europäischen Haus bei einer bescheidenen Feier in der Brüssler Innenstadt willkommen. Das Groß-Transparent an der Fassade des Kommissionsgebäudes mit den Willkommensgrüßen hing nur vier Tage lang. Auch sonst wird um die Beitritte Rumäniens und Bulgariens in der EU-Zentrale nicht viel Aufhebens gemacht.
Das böse Wort vom Beitritt durch die Hintertür machte die Runde. Bei der letzten Erweiterungsrunde im Mai 2004 gab es für die damals zehn neuen Staaten noch ein pompöses Fest inklusive Gipfeltreffen, ausgerichtet von der irischen EU-Präsidentschaft in Dublin. Diesmal wird nur in den Hauptstädten der beitretenden Länder gefeiert.
Kein Brimborium
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wird dabei die deutsche Ratspräsidentschaft vertreten: "Ich werde meinen Silvesterabend in Rumänien und mein Neujahr in Bulgarien verbringen, um die beiden neuen Mitglieder so zu begrüßen."
Die beiden neuen EU-Kommissare aus Bulgarien und Rumänien wurden vom Parlament ohne viel Brimborium bestätigt. Leonard Orban, ehemals Staatssekretär in Bukarest, wird für Vielsprachigkeit zuständig sein. Was er konkret machen soll, konnten sich die Parlamentarier allerdings nicht so genau vorstellen. Auch Meglena Kuneva, ehemalige Europaministerin aus Sofia, wird mit dem eher bescheidenen Ressorts Verbraucherschutz abgespeist, das aus dem Ressort des zyprischen Kommissars herausgeschnitten wurde.
Erweiterungskommissar Olli Rehn aus Finnland ist froh, dass der Beitritt überhaupt pünktlich klappt, denn Rumänien und Bulgarien haben bei Justizreform und Korruptionsbekämpfung noch Defizite. "Ich bin zufrieden, dass beide Staaten große Sprünge bei ihren Reformen gemacht haben", erklärte er. "Diese Reformen müssen unumkehrbar sein, deshalb haben wir Sicherungsklauseln in den Beitrittsverträgen." Schon in drei Monaten müssen Bulgarien und Rumänien weitere Fortschritte nachweisen, sonst drohen Sanktionen.
Kein großer Unterschied
Zwei neue Amtssprachen und das neue bulgarische Alphabet werden von Januar an den Übersetzerdienst der EU beschäftigen. Geräuschlos werden die neuen Richter aus Bulgarien und Rumänien beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ihre Arbeit aufnehmen. Für die Arbeit im Ministerrat ändert sich nicht viel, ob 25 oder 27 Mitglieder, das macht keinen großen Unterschied, glaubt der deutsche EU-Botschafter in Brüssel, Wilhelm Schönfelder. "Insofern haben wir den erstaunlichen Effekt, dass wir mehr sind als früher, aber weniger Zeit brauchen, um bestimmte Tagesordnungen abzuarbeiten, einfach weil sich jeder kürzer fasst."
Vom ersten Januar an haben Rumänien und Bulgarien gleich mit Auflagen der EU-Kommission zu kämpfen. Fleischimporte in die EU bleiben wegen mangelnder Hygiene eingeschränkt. Zuschüsse aus EU-Kassen können wegen fehlender Verwaltungsstrukturen wahrscheinlich nicht in vollem Umfang ausgezahlt werden. Nur zehn Altmitglieder öffnen ihre Arbeitsmärkte für Rumänen und Bulgaren. Deutschland will wie Frankreich oder die Niederlande erst einmal für zwei Jahre die Schotten dicht halten. Das war auch beim Beitritt der acht osteuropäischen Staaten vor drei Jahren nicht anders.
Zuversicht trotz Peinlichkeiten
Peinlich für Bulgarien: Die EU-Kommission droht bulgarischen Fluggesellschaften die Landerechte von Februar an zu entziehen - wegen gravierender Sicherheitsmängel. Trotzdem gibt sich der bulgarische Ministerpräsident Sergej Stanischew zuversichtlich, dass Bulgarien Europa bereichern wird. "Ich glaube, dass jetzt mehr Pro-Europäer in der Europäischen Union sein werden, denn die öffentliche Meinung in Bulgarien ist sehr positiv gegenüber der EU eingestellt", sagte er. "Wir treten mit dem festen Willen bei, nicht Teil der Probleme der Union zu sein, von denen es reichlich gibt, sondern wir wollen Probleme konstruktiv lösen."
Auch der rumänische Präsident Traian Basescu ist überzeugt, dass sein Land nach all den Mühen um Reformen der Europäischen Union etwas zurückgeben kann: "Europa wird nach unserem und Bulgariens Beitritt ein bisschen sicherer und mächtiger sein. Der gemeinsame Markt wird um 30 Millionen Bürger wachsen. Europa wird sich Schritt für Schritt weiterentwickeln."