Minister beschwichtigen
12. April 2008Mit mehr Transparenz und einer stärkeren internationalen Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden wollen die G-7-Staaten künftige Finanzmarktkrisen verhindern. Die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen beschlossen Freitag Nacht (11.4.2008) in Washington einen entsprechenden Plan in Reaktion auf die von faulen Hypothekenkrediten in den USA ausgelösten Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten.
Dabei vereinbarten die Minister auch, wer wann was tun soll, damit sich solche Krisen nicht wiederholen. Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück wertete es wie seine Kollegen als Erfolg, dass es zu einem gemeinsamen Vorgehen komme. Die G-7-Politiker äußerten zudem Sorge über stark schwankende Wechselkurse. Die Staatengruppe begrüßte andererseits, dass bei lange strittigen Reformen des Internationalen Währungsfonds (IWF) Durchbrüche gelungen sind.
Optimisten unter sich
Steinbrück und Bundesbank-Präsident bemühten sich, vorsichtigen Optimismus im Hinblick auf ein baldiges Ende der Finanzkrise zu verbreiten. "Es gibt erste ermutigende Zeichen, dass der größte Teil der Anpassungen hinter uns liegen könnte", so Weber. Es gebe "das ein oder andere Licht am Horizont". Steinbrück unterstrich: "Es gibt keinen Grund für eine Weltuntergangsstimmung". Die Finanzkrise treffe zwar auch Deutschland, aber weniger, als viele es meinten.
Weber führte an, die weltweiten Belastungen bei Banken als Folge der Finanzkrise beliefen sich bislang auf rund 225 Milliarden Dollar, davon rund 30 Milliarden Euro bei deutschen Instituten. Weitaus höhere Schätzungen seien unrealistisch. Weber spielte damit auf Einschätzungen des Internationalen Währungsfonds an, der die Belastungen der Krise auf insgesamt fast eine Billion Dollar beziffert. Steinbrück zeigte sich optimistisch, dass die deutsche Wirtschaft den konjunkturellen Abschwung in den USA gut meistern werde. Die deutsche Konjunktur sei in einem guten Zustand. Er sehe auch keinen Anlass, seine Prognose eines Wirtschaftswachstums von 1,7 Prozent in diesem Jahr zu ändern, betonte der SPD-Politiker.
Mit Blick auf die unerwartet tiefe und andauernde Finanzkrise bekannte sich die G-7 zu einer engen Zusammenarbeit. Ausdrücklich begrüßt werden die Kooperation der Notenbanken bei der Versorgung der Märkte mit Liquidität und "andere Maßnahmen" der Geld- und Fiskalpolitik zur Stützung der Konjunktur. Jedes G-7-Land müsse zur Problemlösung beitragen.
Mehr Kontrolle und besseres Rating
Die G-7-Minister wollen die Finanzkrise vor allem durch mehr Transparenz und Kontrolle auf dem Bankensektor eindämmen. Das Kapital-, Liquiditäts- und Risikomanagement müsse verändert, Anlagerisiken angemessen bewertet werden. Außerdem fordern die Minister die Kriterien für das Rating – also die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit von Schuldnern zu verändern. Zudem soll die Aufsicht über die Banken verbessert und ausgebaut werden. Das Finanzgewerbe selbst sollte für den Umgang mit Stresssituationen besser gewappnet werden. Konkret fordern die Politiker die schnelle und umfassende Offenlegung von Verlusten und Risiken bei Banken, bessere Bilanzierungsstandards, eine stärkere Kapitalpolsterung für Risiko-Geschäfte sowie eine G-7-weite Beobachtung der großen Banken durch internationale Bankaufseher.
Die G-7-Minister und Notenbankchefs werden an diesem Wochenende mit Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington zu ihrer Frühjahrstagung zusammenkommen. Auch dabei wird die Krise auf den Finanzmärkten im Mittelpunkt stehen.
Lebensmittelpreise: Schwellenländer fordern Hilfe
Wegen der steigenden Lebensmittel- und Energiepreise haben unterdessen Entwicklungs- und Schwellenländer verstärkte Finanzhilfen gefordert. Die Gruppe der G-24 rief die Industrienationen zudem zu einem entschiedenen Handeln in der derzeitigen Finanzkrise auf. Koordinierte internationale Zusammenarbeit sei nötig, um eine noch größere Krise zu verhindern, heißt es in einer in Washington veröffentlichten Erklärung.
Die Welt sehe sich einer beispiellosen Finanzkrise gegenüber, sagte der Vorsitzende der G-24 und Präsident der kongolesischen Notenbank, Jean-Claude Masangu-Mulongo. Diese Krise habe "im Herzen des Systems begonnen, den USA, und breitet sich aus." Industrienationen müssten den ärmsten Entwicklungsländern helfen, mit den externen Effekten fertigzuwerden.
Das Treffen der G-24-Gruppe fand am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington statt. Zu den G-24 gehören Staaten in Asien, Lateinamerika und Afrika. (mg)