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Katzav unter Druck

16. Oktober 2006

Israelische Ermittler haben Beweise für Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauch durch Präsident Mosche Katzav gefunden. Der bestreitet die Vorwürfe weiterhin.

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Mosche Katzav, im Hintergrund ein griechischer Soldat in traditioneller Uniform
Der 60-jährige Mosche Katzav (Archivbild) streitet alles abBild: AP

Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav gerät wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung mehrerer Frauen immer stärker unter Druck. Katzav blieb am Montag (16.10.) dem Parlament fern, nachdem die Polizei am Vortag nach Abschluss monatelanger Ermittlungen eine Anklage wegen Vergewaltigung und anderer Vergehen empfohlen hatte. Eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über eine mögliche Anklage wird innerhalb eines Monats erwartet.

Rücktrittsforderungen werden lauter. Auch Regierungsmitgliedern gilt Katzav als untragbar. Erziehungsministerin Juli Tamir von der Arbeitspartei fordert Katzav auf, das Amt des Präsidenten nicht weiter zu beschädigen. "Der Präsident muss das Amt aufgeben", sagt Tamir. Die Parlamentsabgeordnete Limor Liwnat von der oppositionellen Likud-Partei drohte wie andere Politikerinnen mit einem Protest, sollte Katzav sich noch in die Knesset wagen. "Beim Gedanken daran, dass solche Verbrechen, so es sie gab, in der Residenz des Präsidenten stattfanden, dem Heiligsten des Heiligen im Lande, dreht sich einem der Magen um", schreibt der in Israel prominente Kommentator Nahum Barnea von der Zeitung "Jediot Achronot".

"Opfer reiner Lügen"

Katzav hat wiederholt seine Unschuld beteuert und sich als Opfer eines Erpressungsversuchs bezeichnet. Er teilte am Montag mit, er sei das "Opfer reiner Lügen", die Wahrheit werde sich noch herausstellen. Dabei hatte er die Affäre vor rund drei Monaten selbst ins Rollen gebracht, als er die Justizbehörden von einer versuchten Erpressung durch eine frühere Sekretärin unterrichtete. Seine einstige Mitarbeiterin hatte Katzav beschuldigt, er habe sie mit Drohungen sexuell gefügig gemacht. Sie verlangte Schweigegeld. Im Laufe der Ermittlungen meldeten sich dann mindestens neun weitere Frauen mit ähnlichen Vorwürfen.

Zunächst habe Katzav nur Komplimente gemacht, dann sei er aber immer zudringlicher geworden, wird eines der mutmaßlichen Sex-Opfer in israelischen Medien zitiert. Als er so nicht ans Ziel gekommen sei, habe er Gewalt angewendet. "Zunächst erschien er mir als sehr netter, warmherziger Mann", sagt eine der früheren Mitarbeiterinnen. "So wirkte er auch früher im Fernsehen auf mich. Aber alles änderte sich sehr schnell. Die Kluft zwischen seiner öffentlichen Erscheinung und dem, was er mit angetan hat, ist enorm."

Durch Immunität geschützt

Nach Medienberichten sollen die Ermittlungen möglicherweise auch illegale Abhörtätigkeiten zu Tage gefördert haben. Polizisten hatten im August die Residenz des Präsidenten in Jerusalem durchsucht und dort Computer und Dokumente beschlagnahmt. Das Material wurde ausgewertet. Außerdem werden Vorwürfe untersucht, Katzav habe Häftlinge ohne ausreichende Grundlage begnadigt.

Generalstaatsanwalt Menachem Masus muss nun nach einer staatsanwaltschaftlichen Überprüfung des Beweismaterials entscheiden, ob gegen den 60-Jährigen Anklage erhoben wird. Falls es zu einer Anklage kommt, wäre der seit dem Jahr 2000 amtierende Staatspräsident durch seine Immunität vor einem Gerichtsprozess geschützt. Eine Anklage ist nur möglich, falls Katzav, dessen Amtszeit in neun Monaten endet, zurücktritt oder ihn das Parlament mit einer Mehrheit von 90 der 120 Abgeordneten zum Rücktritt zwingt. Katzav könnten im Falle einer Verurteilung zwischen drei und 16 Jahren Haft drohen. Aus Justizkreisen verlautete, Katzav müsse angeklagt werden, auch wenn er von seinem Amt zurücktrete.

Kette von Skandalen

Neben Katzav haben in jüngerer Zeit mehrere andere hochrangige Politiker in Israel für Skandal-Schlagzeilen gesorgt. So trat Justizminister Haim Ramon nach einer Anklage wegen sexueller Belästigung einer Mitarbeiterin zurück. Ministerpräsident Ehud Olmert wurde wegen der Umstände eines Wohnungskaufs zum Ziel von Ermittlungen. Armeechef Dan Haluz steht in der Kritik, weil er Mitte Juli wenige Stunden nach der Entführung zweier israelischer Soldaten durch die libanesische Hisbollah sein Aktienportfolio verkauft hatte. Die Verschleppung löste den fünfwöchigen Krieg zwischen Israel und der Miliz aus. (stu)