Karneval ohne Zuckerhut und Dom
Carnaval, Mardi Gras oder Fasching - Karnevalstraditionen gibt es fast überall, wo es Katholiken gibt. Heidnische Frühlingsfeste zum Beginn der christlichen Fastenzeit - die feiert man nicht nur an Rhein und Zuckerhut.
Brasilien
So kennt man ihn, den Karneval in Rio! Ja, so ungefähr. Nur dass diese Tänzerin im "Sambodrom" von São Paulo defiliert. Diese eigens für Karnevalsparaden gebaute Tribünenstraße bietet Platz für 30.000 Zuschauer. Das größte "Sambodrom" allerdings steht in … nein, auch nicht Rio, sondern in Manaus, es fasst 100.000 Menschen.
Brasilien: São Paulo
Die großen Paraden in den Karnevalsstadien sind aber ein eher kleiner Teil dessen, was in den Tagen vor Aschermittwoch in Brasilien los ist. Auch in den Straßen von São Paulo feiern die Menschen mit Pauken (nicht im Bild) und Trompeten. Seinem gewohnten Tagesablauf folgt in dieser Zeit fast niemand in Brasilien.
Brasilien: Salvador da Bahia
Als größter Straßenkarneval der Welt gilt der von Salvador da Bahia. Die älteste Stadt Brasiliens feiert den seit 1890. Von Beginn an hatten ehemalige Sklaven und deren Nachfahren großen Anteil daran, und sie geben dem Karneval in Salvador bis heute ein politisches Moment: Die Gruppe "Olodum" (Bild) ist gleichzeitig eine afro-brasilianische Nicht-Regierungsorganisation.
Brasilien: Olinda
Wie in Salvador findet der Karneval im brasilianischen Nordosten vor allem in den Straßen statt. Wer dies in etwas kleinerem Rahmen erleben möchte, der merke sich den Namen "Olinda". Die für brasilianische Verhältnisse kleine Stadt (knapp 400.000 Einwohner) nördlich von Recife galt lange als Geheimtipp für Brasilien-Touristen. "Tipp" gilt immer noch, "geheim" eher nicht mehr.
Argentinien: Gualeguaychú
Wer keinen Flug mehr nach Brasilien bekommen hat, sollte sich nach Gualeguaychú erkundigen. Von Januar bis März strömen jeden Samstag Tausende Menschen in die Kleinstadt, um eine Parade zu bejubeln, die mit ihren aufwendigen Wagen durchaus an Rio erinnert. Wem es egal ist, dass das Sambodrom Corsodrom heißt und statt 72.500 nur 30.000 Zuschauer fasst, kommt auch hier auf seine Kosten.
Dominikanische Republik: Santo Domingo
Wer nicht ganz so weit fliegen möchte und auch sonst näher dran sein möchte, bucht eine Reise zum Straßenkarneval in der Karibik. Fast jede Insel der kleinen und großen Antillen hat ihren Karneval. Sogar auf Bahamas und Bermudas ziehen bunt verkleidete Gruppen von Rhythmen begleitet durch die Straßen. Einer der größten Umzüge der Karibik findet in Santo Domingo (Bild) statt.
Trinidad and Tobago: Port of Spain
Während Tobago zu den wenigen Karibik-Inseln gehört, auf denen der Karneval keine allzu große Rolle spielt, versinkt die Schwester-Insel Trinidad im kollektiven Faschings-Rausch. Charakteristisch ist - neben den Stahltrommeln, die man vielleicht vom Soca-Tanz kennt - die Matsch-Verkleidung, die am Rosenmontag alldiejenigen wählen, die sich kein bunt gefiedertes Kostüm leisten können oder wollen.
Spanien: Santa Cruz de Tenerife
Ähnlich pompös wie in Rio de Janeiro geht es dagegen in Santa Cruz auf Teneriffa zu. Und auch die Zuschauerzahlen können konkurrieren: Im Karneval 1987 soll hier mit 250.000 Zuschauern laut Guinness-Buch der Rekorde das größte Open-Air-Konzert der Geschichte stattgefunden haben. Trotzdem - oder gerade deshalb - sind Santa Cruz und Rio de Janeiro seit 1984 Partnerstädte.
Spanien: Cádiz
Auf dem spanischen Festland dagegen trägt der Karneval schon fast rheinländische Züge: Die Wettbewerbe im Theater von Cádiz erinnern stark an rheinische Karnevalssitzungen. Büttenreden gibt es zwar nicht. Aber die musikalischen Darbietungen erfüllen einen ähnlichen Zweck. Ihre Interpreten sparen nicht mit Hohn und Spott über Politik und Gesellschaft.
Frankreich: Limoux
Den angeblich längsten Karneval der Welt feiert das französische Dörfchen Limoux am Nordost-Rand der Pyrenäen. Stimmt aber nicht: In Limoux geht es jeden Samstag von Anfang Januar bis Ende März rund. Im Rheinland sind es vom 11.11.2015 bis zum 9.2.2016 aber auch drei Monate, und oft ist Aschermittwoch noch später als in diesem Jahr.
Italien: Viareggio
Der Karneval von Venedig ist uns für diese Bildergalerie zu bekannt, darum nehmen wir aus Italien den Carnevale di Viareggio in der Toskana. Doch Masken spielen auch in Viareggio eine Rolle: Schon beim ersten Umzug 1873 sollen die Bürger aus Protest gegen die Steuerfinanzierung der Parade Masken aufgesetzt haben. Heute protestieren die Veranstalter selbst - vielleicht auch gegen hohe Steuern.
Schweiz: Basel
Auch in Basel tragen die aktiven Fastnächtler Masken. Sie sind oft Zerrbilder von Politikern oder anderen bekannten Persönlichkeiten. Wie in den meisten Versionen der schwäbisch-alemannischen Fastnacht bedecken die Kostüme ihre Träger vollkommen. Die "Basler Fasnacht" gilt als die größte des gesamten Sprachraums, der von Stuttgart bis Zermatt in der südlichen Schweiz reicht.
Deutschland: Cottbus/Spreewald
Zu den unbekanntesten Karnevals-Bräuchen Deutschlands gehört sicher die wendische Fastnacht. Der "Zapust" - nach dem sorbischen Wort für Festumzug - feiert man bis heute in den ostdeutschen Gebieten entlang der Elbe, in denen noch heute einige Kundige slawischer Sprachen leben. Statt Faschings-Kostümen tragen die Prozessionsteilnehmer Trachten. Der Anlass ist aber auch hier: Abschied vom Winter.