Ein Konservativer tritt ab
28. Februar 2014Nicht nur für die katholische Kirche in Deutschland ist das ein einschneidendes Ereignis: Das Kölner Bistum steht vor einer Zeitenwende. Papst Franziskus hat das Rücktrittsgesuch von Erzbischof Joachim Meisner vom 25. Dezember 2013 angenommen. An seinem 80. Geburtstag hatte sich der Kardinal aus Alters- und Gesundheitsgründen an den Pontifex gewandt.
Seit 25 Jahren steht Meisner an der Spitze des ältesten, reichsten und mit knapp 2,1 Millionen Katholiken mitgliederstärksten Bistums im deutschsprachigen Raum. Nach 15-monatiger Vakanz hatte er am 12. Februar 1989 die Leitung der rheinischen Erzdiözese übernommen. Diese Verantwortung ist er mit sofortiger Wirkung los. Den Kardinalstitel behält er hingegen. Meisner will in Köln wohnen bleiben und in der Seelsorge für alte Priester und Ordensschwestern wirken.
Hoffnung auf einen weltoffenen Nachfolger
Das Bistum wird zunächst vom dienstältesten Kölner Weihbischof Manfred Melzer geleitet. Innerhalb von acht Tagen muss das Domkapitel einen Diözesanadministrator wählen, der die Verwaltungsaufgaben vorübergehend wahrnimmt. Anschließend beginnt das Domkapitel nach einem komplizierten Verfahren mit der Wahl des neuen Erzbischofs.
Eine Kölner Kircheninitiative, die von rund 1500 Unterzeichnern unterstützt wird, fordert seit längerem Mitbestimmungsrechte der Gläubigen bei der Wahl des neuen Erzbischofs. Viele Katholiken im Erzbistum wünschen sich einen weltoffenen Kirchenmann als Nachfolger Meisners. So auch die Reformbewegung "Wir sind Kirche": Sie fordert ein neues Verständnis des katholischen Bischofsamtes, wie dies auch Papst Franziskus formuliert habe. An der Spitze eines Bistums würden mehr Seelsorger und Hirten und weniger Theologieprofessoren benötigt.
Politisch unkorrektester Kirchenmann der Republik
Meisner war der prominenteste Vertreter des konservativen Flügels der katholischen Kirche in Deutschland. Erst vor einigen Monaten hatte eine Umfrage des Erzbistums ergeben, dass seine strikt konservative Ansichten zu Ehe und Familie unter den Gläubigen überhaupt keinen Widerhall finden. Die Gläubigen sind demnach nahezu geschlossen gegenteiliger Ansicht, wenn es um Themen geht wie Scheidung, vorehelicher Sex, Verhütungsmittel oder homosexuelle Partnerschaften.
Der gebürtige Schlesier Meisner ging keiner Auseinandersetzung aus dem Weg, was ihm den Ruf als politisch unkorrektester Kirchenmann der Republik eingetragen hat. Für Empörung sorgten Äußerungen, in denen er Abtreibungen mit dem Holocaust verglich oder Kunst ohne religiösen Bezug als "entartet" bezeichnete. Noch im Januar hatte er scharfe Kritik insbesondere muslimischer Verbände ausgelöst, als er Eheleute aus der geistlichen Bewegung des "Neokatechumenalen Weges" dafür lobte, große Familien mit teils zehn Kindern zu gründen. Dabei sagte er, "eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien". Später bezeichnete er diese Wortwahl als " vielleicht unglücklich".
rb/wl (dpa, epd, kna)