Kanada: Mit KI gegen das Insektensterben
Unzählige Insektenarten sind vom Aussterben bedroht. Kanadische Forschende setzen jetzt künstliche Intelligenz ein, um das größte Artensterben seit den Dinosauriern zu beobachten - und es vielleicht zu verhindern.
Bedrohte Schönheit
Er ist in Sicherheit: Dieser Schmetterling lebt im Montreal Insectarium, dem größten Insektenmuseum Nordamerikas. Doch seine Verwandten in freier Wildbahn sind gefährdet: Weltweit sind inzwischen 40 Prozent aller Insektenarten vom Aussterben bedroht. Im Insektarium ebenso wie in unterschiedlichsten Regionen Amerikas werden die Insekten nun mithilfe künstlicher Intelligenz beobachtet.
Foto-Falle
Maxim Larrivée, Direktor des Insektariums, überprüft eine solarbetriebene Fotostation, die alle zehn Sekunden Aufnahmen von Insekten macht - die kleinen Tiere werden von UV-Lampen angelockt. Künstliche Intelligenz hilft dabei, die fotografierten Insekten zu identifizieren.
Bitte lächeln!
Ein Schmetterling ist auf der Foto-Falle gelandet. Für das Projekt werden sie auf dem ganzen amerikanischen Kontinent installiert. Mit Erfolg: "Als wir in Panama im Regenwald unsere Sensorsysteme testeten, entdeckten wir innerhalb einer Woche 300 neue Arten - und das ist nur die Spitze des Eisbergs“, erklärt David Rolnick, der am Insektenprojekt mitarbeitet, gegenüber AFP.
Gut getarnt - und genau beobachtet
Australische Gespenstschrecken turnen im Insektarium. KI-Modelle zur Datenverarbeitung könnten die Menge der in den vergangenen 150 Jahren gesammelten Biodiversitätsdaten in zwei bis fünf Jahren verdoppeln, erklärt Larrivée gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die Zeit drängt: "Im Vergleich zu allen Massensterben der Vergangenheit vollzieht sich das der Insekten tausendmal schneller."
Schmetterling mit Sticker
Manche Schmetterlinge im Insektarium sind mit Stickern markiert, um sie identifizieren zu können. Der Rückgang der Insekten geht so schnell vonstatten, dass er bisher nicht richtig überwacht werden könne, so Larrivée - dadurch sei es unmöglich, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um ihn zu verlangsamen. Sein Projekt soll Abhilfe schaffen, indem Art und Ausmaß der Verluste quantifiziert werden.
Farbenfrohe Vielfalt
Besucherinnen und Besucher betrachten Exponate im Insektarium. Es gibt schätzungsweise zehn Millionen Insektenarten, sie machen die Hälfte der weltweiten Artenvielfalt aus. Bisher wurde jedoch nur eine Million davon dokumentiert und untersucht. "Die verbesserte Datenlage soll Entscheidungshilfen für Regierungen und Umweltschützer schaffen, um Schutzmaßnahmen zu entwickeln", erklärt Larrivée.
Klimawandel bedroht Krabbeltiere
Die Ursachen für das Artensterben sind hingegen bekannt: Dazu gehören die Klimakatastrophe, der Verlust von Lebensräumen und der intensive Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Schmetterlinge, Hautflügler, Libellen, Eintagsfliegen und Dungkäfer zählen zu den am stärksten bedrohten Arten - auch diese prächtigen Goliathkäfer könnte es in Zukunft möglicherweise nicht mehr geben.
Wissen weitergeben
Das Projekt der Forschenden basiert auf einem Open-Source-Modell, das es allen Menschen ermöglichen soll, zur Bereicherung der Datenbank beizutragen. Und es dient bereits pädagogischen Zwecken: Besucherinnen und Besucher des Montreal Insectariums können Fotos von Schmetterlingen machen und mit einer App die genaue Art bestimmen.
Nachhaltige Nahrungskette
Eine Ameisen-Karawane transportiert Nahrung im Montreal Insectarium. Insekten bilden das Fundament der Nahrungskette der meisten an Land lebenden Tierarten - auch das der Menschen, denn zahlreiche Nutzpflanzen sind von Bestäubung abhängig. Zudem fressen Insekten Schädlinge, reinigen und lockern den Boden und machen ihn so fruchtbar. Ihr stilles Sterben ist eine Katastrophe für die ganze Welt.