Kampfansage: IS gegen Hamas
5. Juli 201516 Minuten dauert das Video der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS). Dieses Mal richtet sich die Ansprache nicht wie so oft an ein westliches Staatsoberhaupt. Dieses Mal drohen die Terroristen des "Islamischen Staates" ihren sunnitischen und ebenfalls islamistischen Glaubensbrüdern: der im Gazastreifen regierenden Hamas. Oder, wie der IS sie bezeichnet, den "Tyrannen der Hamas".
Aufgenommen wurde das Video in Syriens Provinz Aleppo, einer IS-Hochburg. In den sozialen Netzwerken hat es sich wie ein Lauffeuer verbreitet. "Wir werden den jüdischen Staat, euch (Hamas) und die (im Westjordanland regierende) Fatah entwurzeln. Säkulare wird es nicht mehr geben, denn sie werden schleichend von unseren Massen überrannt", erklärt ein maskiertes Mitglied der IS-Terrorgruppe.
Was der IS der radikalislamischen Hamas vorwirft, ist ihre Annäherung an den schiitischen Iran. Und auch ihre Kontakte zur schiitischen Hisbollah im Libanon - die mit Unterstützung aus Teheran im Syrienkrieg an der Seite von Präsident Baschar al-Assad kämpft - sind dem "Islamischen Staat" ein Dorn im Auge. Denn er ist bekannt für sein Sektierertum, insbesondere für seinen grenzenlosen Hass auf Schiiten - sie gelten als Abtrünnige.
Salafisten nicht unter Kontrolle
Aber die Kritik der Terrorgruppe wird noch extremer: Die Hamas setze das Scharia-Recht nicht streng genug in dem von ihr beherrschten Küstenstreifen durch. Und auch den Widerstand gegen Israel leiste die Hamas nicht entschieden genug. "Der Weg, um Palästina zu befreien, führt durch den Irak, und wir kommen täglich näher", droht einer der Männer in dem Video. "Die Hamas hat sich immer weiter von diesem Ziel entfernt."
Das Video ist eine Kampfansage. Zwar ist der IS im Gazastreifen noch keine wirkliche Macht - gut 1000 Anhänger und Sympathisanten soll er schätzungsweise dort haben. Doch die trauen sich mittlerweile aus der Deckung. Im Juni bekannten sie sich zu einigen Raketenangriffen auf Israel. Schäden gab es glücklicherweise nicht.
Nach dem erbitterten Krieg mit Israel im Sommer 2014 versucht die Hamas, den Einfluss der verschiedenen extremistischen Gruppierungen, die einen Waffenstillstand mit Israel torpedieren, zu begrenzen. Eine Moschee, in der Salafisten beten, hat sie dem Erdboden gleich gemacht, zahlreiche Männer verhaftet. Der Anführer der Gruppierung "Armee des Islamischen Staates", Junis Hunnar, wurde bei seiner versuchten Festnahme Anfang Juni erschossen.
Nährboden für Extremismus
Es ist nicht das erste Mal, dass die Hamas und Salafisten aufeinanderstoßen. Der durch mehrere Kriege verwüstete und von Israel abgeriegelte Küstenstreifen ist ein idealer Nährboden für Extremisten: Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit, fehlende Freizügigkeit prägen den Alltag der jungen Menschen, die den Großteil der Bevölkerung im Gazastreifen ausmachen. Diese Lebensumstände treiben sie in die Arme der Radikalen. Viele Palästinenser, die die Hamas 2006 wählten, hatten die Hoffnung, dass sie ihnen Erleichterung bringen würde, doch hat sie bis heute nicht getan. Im Gegenteil.
Nicht nur die Menschen in Gaza leiden unter einer Konfrontation zwischen Hamas und Anhängern des IS. Auch für Israel ist das keine gute Nachricht. Israels Geheimdienstminister Yisrael Katz unterstellt der Hamas eine Kooperation mit dem IS auf dem Sinai - ein Vorwurf, den die Gruppe jedoch vehement zurückweist.
Es gibt auch Stimmen in Israel, die davor warnen, dass die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen verlieren könnte. Und auch in den USA wies der damalige Militärgeheimdienst-Chef Michael Flynn bereits 2014 darauf hin, dass eine Zerschlagung der Hamas keine gute Idee sei, denn der Region könnte dann "etwas Schlimmeres" bevorstehen.