Kampf um Portugals Banken
22. März 2015Früher war die Bankenlandschaft in Portugal übersichtlich. Da gab es auch noch die Banco Espirito Santo (BES), ein ehrwürdiges Bankhaus, seit fast 150 Jahren im Familienbesitz. Und Ricardo Salgado, der Herr über das Espirito-Santo-Imperium hieß nicht zu Unrecht mit Spitznamen "Herr über das Alles."
Nach Aktiva waren die Caixa Geral de Depósitos und die private Banco Comercial Português (BCP) zwar größer, doch was den Einfluss angeht, konnten sie der BES nicht das Wasser reichen.
Der Rest waren Kleinbanken, die auch international nichts zu melden hatten. Und die Bank von Portugal wachte eher behäbig über ein genauso behäbiges Bankengeschäft.
Jetzt ist die Espirito-Santo-Bank pleite, ihr Nachfolger, die Novo Banco, musste mit fünf Milliarden Euro vom Staat gerettet werden. Es gibt die EZB, die Portugals Banken fast ausnahmslos immer wieder Unterfinanzierung ankreidet. Denn die haben vor der Krise ohne Rücksicht auf ausreichende Sicherheiten Kredite vergeben, sowohl an Unternehmen, als auch an Privatpersonen. Jetzt bekommen sie ihr Geld nicht mehr zurück.
Nach verschiedenen Bankenpleiten beherrscht die staatliche Caixa Geral de Depósitos, eine Art Sparkasse, den Markt, auf dem sich ansonsten noch immer eher kleine Banken tummeln. Doch das Bankengeschäft ist nicht mehr verschlafen, sondern hektisch umkämpft. Große Finanzfische wollen die kleinen fressen.
Ein Haifisch aus Angola
Ganz vorne schwimmt dabei Isabel dos Santos mit, die Tochter des korrupten angolanischen Staatspräsidenten José Eduardo dos Santos, die durch Familienvermögen und -einfluss zur Großunternehmerin geworden ist. Sie ist mit 18,6 Prozent nach der spanischen CaixaBank der zweitgrößte Aktionär der portugiesischen BPI, einer Investmentbank.
Dos Santos schlug vor, die aufstrebende BPI mit einer anderen Bank, der mittelgroßen BCP zu fusionieren und so ein Schwergewicht in Portugals Bankenlandschaft zu schaffen. Gleichzeitig wollte sie damit die geplante Übernahme "ihrer" BPI durch die Spanier verhindern. Wohl auch mit dem Hintergedanken, den angolanischen Einfluss auf portugiesische Banken zu verstärken.
Denn Hauptaktionär der BCP ist die angolanische Erdölholding Sonangol. Das Staatsunternehmen, bei dem nichts gegen den Willen des angolanischen Präsidenten und Unternehmerinnenvaters dos Santos geht, hat bereits Verhandlungsbereitschaft signalisiert.
Die wirtschaftlichen Machtverhältnisse zwischen Angola und der einstigen Kolonialmacht Portugal haben sich längst umgekehrt. Investierten früher die Portugiesen in dem afrikanischen Land, so übernehmen inzwischen angolanische Oligarchen, die früheren Generale der Befreiungsarmee und deren Kinder, die profitabelsten portugiesischen Unternehmen. Ironischerweise auch die Banken, die ihre weltweiten Finanzaktionen erst möglich gemacht haben.
Eine Fusion von BPI und BCP würde das Gewicht der staatlichen angolanischen Erdölgesellschaft Sonangol in der möglicherweise entstehenden neuen Bank deutlich vergrößern. Und damit stiege auch ihre Macht, mag Isabel dos Santos spekulieren.
Der Gegner sind die spanischen Banken: Viele von denen sind bereits mit Töchtern oder durch Beteiligungen in Portugal vertreten. Und alle wollen die beste aller portugiesischen Banken, die demnächst verkauft werden soll: die Novo Banco, die vom Staat gerettete "gute" Bank aus dem Espirito-Santo-Imperium.
Ein Bankenmittelgewicht mit angolanischem Kapital, das aus der Fusion von BPI und BCP entstehen würde, könnte beim Pokern mit den Spaniern besser mithalten, erklären Analysten in Lissabon. Die Chancen, dass auf diese Weise ein Bankenschwergewicht in Portugal entstehen könnte, das dann wiederum der EZB gefallen würde, stünden gut.
Nebeneffekt: Der angolanische Einfluss nähme weiter zu, der spanische würde zurückgedrängt. Den Spaniern hatte Isabel dos Santos sogar öffentlich vorgeworfen, dass sie den Portugiesen "kulturell fern" stünden. Das einst so beschauliche portugiesische Bankgeschäft scheint zu einem Schlachtfeld zwischen Spanien und Angola geworden zu sein.
Global Player aus Portugal?
Angolanische Investitionen gehören in Portugal inzwischen zum Tagesgeschäft. Von Telekommunikationsunternehmen bis hin zu Weingütern kontrollieren Angolas Reiche die portugiesische Wirtschaft.
Da diese fast ausschließlich aus dem zweifelhaften Umfeld des angolanischen Präsidenten dos Santos kommen, will die portugiesische Regierung das Thema so klein wie möglich halten. Die Beziehungen zwischen Unternehmern in beiden Ländern seien hervorragend, die Geschäfte blühten, bestätigt die Portugiesisch-Angolanische Handelskammer.
Dass alles so gut läuft, habe auch darin seinen Grund, dass Portugiesen und Angolaner sich aufgrund ihrer kulturellen Bande blendend verstehen. Natürlich sind auch die portugiesischen Banken mit angolanischen verquickt, ist portugiesisches Know-How in diesem Bereich sehr gefragt.
Da könnte der Vorstoß von Isabel dos Santos weitreichende Konsequenzen haben: Es könnte eine portugiesische Großbank mit starkem angolanischen Einfluss entstehen, die sich sogar als Global Player versuchen könnte. Wenn die Spanier sich das gefallen lassen.
* Eine frühere Version dieses Berichts vermittelte den Eindruck, BES sei die größte Bank Portugals gewesen. Wir haben das korrigiert. (d. Red.)