Kampf gegen die Zeit: 5 Jahre nach dem Einsturz des Stadtarchivs in Köln
Am 3. März 2009 stürzte das Historische Archiv in Köln ein, zwei Menschen starben. Ein Großteil der beschädigten Dokumente ist nun geborgen und wird restauriert.
Geschichte unter Schutt begraben
Vor fünf Jahren ist das Historische Archiv der Stadt Köln in sich zusammengefallen. Die Ursache könnte Pfusch beim U-Bahn-Bau gewesen sein. Durch den Einsturz verloren zwei Menschen ihr Leben. Und rund 30 Regalkilometer von Archivalien wurden beschädigt, darunter Urkunden, mittelalterliche Handschriften und historische Fotos. Nach Angaben der Stadt konnten 95 Prozent des Bestands geborgen werden.
Großteil des Bestands geborgen
Die Handschrift zeigt Auszüge aus den Stadtkölnischen Statuten von 1437. Es ist eine von tausenden kostbaren mittelalterlichen Handschriften aus dem Archiv. Mehr als 1000 Jahre kölnischer, rheinischer und überregionaler Geschichte finden sich in den Beständen. Darunter sind auch Originaldokumente bekannter Persönlichkeiten, wie Albertus Magnus, Napoleon Bonaparte und Konrad Adenauer.
Bergung unter großem Zeitdruck
Feuchte Archivalien spülten die Helfer zügig ab. Das war notwendig, um die nassen Dokumente von grobem Schmutz zu befreien. Zunächst ging es darum, Schäden zu beheben, die zu weiteren Schäden führen könnten. Die meisten Akten, Bücher und Einzelblätter sammelten Helfer unter großem Zeitdruck in der ersten Bergungsphase ein.
Aufsammeln, einpacken, schockgefrieren
Rund zehn Prozent der Akten befanden sich nach dem Archiv-Einsturz unterhalb des Grundwasserspiegels. Die Bergung jener Dokumente galt als zweite Bergungsphase. Die nassen Seiten wurden gereinigt, in Folie verpackt und anschließend bei -22°C schockgefroren. Zu einem späteren Zeitpunkt kann das Material mit einem speziellen Gefriertrockner wieder aufgetaut werden, ohne dass Feuchtigkeit entsteht.
Nach der Bergung folgt die Reinigung
Viele Dokumente sind verschmutzt, verformt oder eingerissen - und völlig durcheinandergewirbelt. Bevor Interessierte und Forscher wieder in den historischen Bänden blättern können, müssen die Seiten geordnet und vor allem gründlich gereinigt werden. Passiert das nicht, besteht die Gefahr, dass die durch Staub und Erde verunreinigten Seiten mit der Zeit zerbröseln.
Reinigung in Handarbeit
Selbst wenn Bücher nicht nass geworden sind, müssen sie gesäubert werden, bevor sie erneut archiviert und benutzt werden können. Deshalb wird jedes einzelne Objekt von den Restauratoren in die Hand genommen und von Schmutz befreit. Auch Schimmelsporen entfernen die Fachleute bei der Trockenreinigung. Mit Mundschutz und Handschuhen säubern sie das Material in Handarbeit.
Gründliche Trockenreinigung
Den Roman "Von zarter Hand" hat Johannes Richard zur Megede Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlicht. Der Titel ist exemplarisch für die Arbeit der Restauratoren: Auch sie müssen mit zarter Hand vorgehen. Dabei benutzen sie besondere Schwämme, Bürsten und Pinsel, um Staub und Erde von den Seiten zu lösen. Schmutz macht das Dokument porös und bewirkt, dass das Papier mit der Zeit zerfällt.
Wiederherstellung der Zeitzeugnisse
Schockgefrorene Archivalien werden in speziellen Anlagen schonend getrocknet und erst im trockenen Zustand von Schmutz und Staub gereinigt. Bücher erhalten einen neuen Einband, die einzelnen Seiten werden von den Restauratoren geglättet und zum Teil geflickt, damit sie geordnet, digitalisiert und von Forschern wieder als historische Quellen genutzt werden können.
Grenzen der Restaurierung
Zerstörte Siegel lassen sich mit den heutigen technischen Möglichkeiten nicht optimal restaurieren. Da sich das jedoch irgendwann ändern könnte, werden die Einzelteile aber erst einmal aufgehoben, erklärt die Chefrestauratorin Nadine Thiel vom Historischen Stadtarchiv Köln.
Eine Arbeit für Jahrzehnte
Insgesamt sind für die Restaurierungsarbeiten aktuell rund 200 Experten und Helfer im Einsatz. Sie begutachten und restaurieren nicht nur Objekte aus Papier, sondern auch Filmrollen. Die Restaurierung der Bestände ist eine Mammutaufgabe: Frühestens in 30 Jahren, schätzt die Stadt Köln, könnten die Arbeiten abgeschlossen sein.