Kaffee auf dem Mars
27. April 2004Links parkt das Mars-Auto. Rechts gedeiht Gemüse im Gewächshaus. Und in der Mitte steht eine runde Behausung, wie ein Kegel mit geplätteter Spitze - das Heim für sechs Menschen, die durch vier Fenster auf das Panorama des roten Planeten schauen. Die Betreiber der Website "www.exploremarsnow.org" haben schon konkrete Vorstellungen davon, wie Erdlinge es sich auf dem Mars bequem machen könnten. Aber auch die NASA denkt darüber nach, wo die Planeten-Oberfläche wohl stabil genug ist, um ein Haus zu tragen.
Kalt, verstrahlt - trotzdem bewohnbar
Dabei bietet der Mars nicht gerade das, was man sich von einem idealen Ferienort erträumt. In der Atmosphäre gibt es kaum Sauerstoff, sondern bloß Kohlendioxid. Mit etwa minus 130 Grad kann es lausig kalt werden. Und die kosmische Strahlung ist extrem hoch und ungesund.
Visionäre hält das aber nicht von ihren Wohn-Gedanken ab. "Technisch ist es möglich. Die entscheidende Frage ist: Wollen wir das?", sagt Ulrich Walter, Astronaut und Professor für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München. "Es ist eine reine Geld- und Willensfrage", bestätigt Sven Knuth, erster Vorsitzender der deutschen Abteilung der Mars-Society - einer Organisation, die die Mars-Forschung vorantreiben will und der auch NASA-Wissenschaftler angehören.
Ein U-Boot wäre hässlicher
Nur: "Wohnen auf dem Mars darf man sich nicht so vorstellen wie auf der Erde", betont Knuth gegenüber DW-WORLD. "Wir würden eine hermetisch abgeschlossene Behausung benötigen." Denn der kostbare Sauerstoff sollte möglichst im Inneren der Wohnkojen bleiben. Wegen der Strahlung wäre es am besten, gepanzerte Autos zu fahren und unterirdisch zu wohnen - "es ist zwar nicht so, dass Astronauten wegen der Strahlung gleich tot umfallen. Aber auf lange Sicht ist sie schon zu stark."
Allerdings müssten die ersten Mars-Menschen nicht im Labor-Charme hausen, erklärt Knuth: "Man wird da schon eher konventionell wohnen. Freundlich eingerichtet, nicht wie im U-Boot." Bei "Explore mars now" sind Küche, kojenartige Privaträume und Arbeitszimmer schon als Simulation zu sehen. Und die NASA testet solche so genannten Habitate bereits - mit zwei Etagen, acht Meter Durchmesser und 120 Quadratmeter Wohnfläche.
Wasser ist da, Strom macht die Sonne
So einfach wie auf Erden würde es sich da oben nicht leben. Aber es ginge. "Wasser haben wir mit Sicherheit da", erklärt Knuth - falls nicht: Die NASA versucht, es aus Urin zu recyceln. Aus dem Kohlendioxid der Atmosphäre könne man Sauerstoff und Methan gewinnen - letzteres als Treibstoff für Mars-Mobile. Strom käme entweder von der Sonne, "oder man nimmt ein kleines Atomkraftwerk mit", wie Knuth sagt.
Da Menschen die unerfreuliche Art haben, Abfall zu produzieren, müssten sie den natürlich auch auf dem Mars loswerden - nach Knuths Ansicht kein Problem: "Den kann man erstmal draußen lagern und vielleicht 1000 Jahre später recyceln. Auf dem Mars rostet ja nichts, da würde eine Coladose noch nach einem Jahrhundert gleich gut aussehen."
Mars-Menschen erst in 50 Jahren
Die Landschaft dagegen dürfte sogar noch schöner werden, wie Knuth erklärt: Riesige Spiegel in der Mars-Umlaufbahn könnten mit Sonnenlicht die eisigen Mars-Polkappen schmelzen, womöglich würden Flüsse und blühende Landschaften entstehen. Oder man könne die Atmosphäre mit Treibhausgasen erwärmen - damit haben Menschen ja Erfahrung.
"Das Thema wird wahrscheinlich erst in 50 oder 100 Jahre akut werden", betont Knuth - und stellt klar: "Nicht alles, was möglich ist, muss man auch machen." Ein Ferienhotel sei eher nicht vorstellbar, eine Forschungsstation schon. Die Wissenschaftler würden dann angesichts der um zwei Drittel geringeren Schwerkraft zuerst ziemlich große Sprünge machen. Auf liebgewonnene Genüsse müssten sie unterdes nicht verzichten. Zumindest "Explore mars now" denkt bereits an die Ausgestaltung "des wichtigsten Ausrüstungsgegenstands im Weltraum": der Kaffeemaschine.