Kabinett beschließt Steuersenkung
6. Juli 2011Am vergangenen Wochenende hatten sich die Chefs der Regierungsparteien CDU, CSU und FDP darauf geeinigt, zum 1. Januar 2013 die Steuern und Sozialabgaben auf untere und mittlere Einkommen zu senken.
An diesem Mittwoch (06.07.2011) nun stellte sich das Regierungskabinett unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter dieses Vorhaben – trotz der Bedenken des Finanzministers und der Kritik zahlreicher Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer. Zugleich brachte das Kabinett auch den Entwurf für den Haushalt 2012 auf den Weg.
Einzelheiten werden im Herbst beschlossen
In dem Entwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sind die Einnahmeausfälle in Folge der angestrebten Steuersenkung allerdings noch nicht vorgesehen. Denn wie hoch die Entlastung ausfallen wird, soll erst im Herbst ausgearbeitet werden, wenn die Daten der Steuerschätzung bekannt sind. Endgültig verabschiedet werden die Etatpläne vom Bundestag Ende November.
Und der oberste Kassenwart beeilte sich denn nach der Kabinettssitzung auch, hochfliegende Erwartungen des liberalen Koalitionspartners zu dämpfen. "Wir haben wenig Spielraum", sagte Schäuble bei der Vorstellung der mittelfristigen Finanzplanung zur Frage der Steuersenkungen. Der CDU-Politiker, der Presseberichten zufolge bei anderen Kabinettsmitgliedern wegen seiner strikten Ablehnung zusätzlicher Ausgaben keinen Beliebtheitswettbewerb mehr gewinnen wird, wollte sich aber an diesem Mittwoch nicht ganz hartleibig geben. Schäuble räumte ein, dass die Regierung das "Problem der kalten Progression" angehen müsse. Gemeint ist die Tatsache, dass Lohnzuwächse durch eine höhere Besteuerung weitgehend aufgezehrt werden.
Für eine regelrechte Steuersenkung braucht die schwarz-gelbe Koalition ohnehin die Zustimmung des Bundesrates, in dem die Bundesländer vertreten sind. Zahlreiche Ministerpräsidenten sind entschieden gegen die Pläne, darunter auch einige mit CDU-Parteibuch.
Wie sollen Löcher gestopft werden?
Im kommenden Jahr will der Bundesfinanzminister 306 Milliarden Euro und damit nur 0,07 Prozent mehr ausgeben als in diesem Jahr. Das Loch zwischen Einnahmen und Ausgaben soll unter anderem mit neuen Krediten in Höhe von 27,2 Milliarden Euro gestopft werden.
Bis 2015 sollen die Ausgaben auf 315 Milliarden Euro steigen, die Neuverschuldung aber schrittweise auf 14,7 Milliarden Euro sinken. Dies ist notwendig, um die Vorgaben der jüngst im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse einzuhalten.
Steigende Zinskosten
Größter Posten ist der Etat des Arbeits- und Sozialministeriums mit 126,6 Milliarden Euro. An zweiter Stelle folgen die Zinsausgaben in Höhe von 40 Milliarden Euro für den Schuldenberg des Bundes. Dieser hat mittlerweile eine Höhe von 1,3 Billionen Euro und für die kommenden Jahre werden weiter steigende Zinskosten erwartet.
Eine weitere schwere Belastung stellen die zusätzlichen 4,3 Milliarden Euro dar, die Deutschland ab 2013 jährlich in den künftigen Euro-Rettungsfonds zahlen muss.
Rösler: ökonomisch sinnvoll
FDP-Chef Philipp Rösler verteidigte den Beschluss über steuerliche Entlastungen trotzdem als Entscheidung der ökonomischen Vernunft. Haushaltskonsolidierung und Entlastungen seien zwei Seiten einer Medaille, erklärte er nach der Kabinettssitzung. Denn mit den Entlastungen werde die Grundlage für einen anhaltenden Aufschwung geschaffen.
Kritik kommt hingegen weiter aus den Ländern. Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum sprach von einem Steuergeschenk zu Wahlkampfzeiten. "Solange Kommunen, Länder und Bund so stark verschuldet sind und noch so viele Herausforderungen vor uns stehen, können wir den Staat jetzt nicht mit Steuererleichterungen schwächen", sagte der parteilose Senator der rot-roten Landesregierung.
In Thüringen bekräftigte Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) ihr klares Nein. Die Bürger erwarteten die Sanierung der Staatsfinanzen, da sollte man angesichts neuer Schulden von gut 27 Milliarden Euro kein kontraproduktives Zeichen setzen. Thüringen plane für das kommende Jahr einen schuldenfreien Haushalt: "Da können wir uns Steuerausfälle einfach nicht leisten", so Lieberknecht.
Autoren: Eleonore Uhlich/Marko Langer (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Marion Linnenbrink/Ursula Kissel