Kölns Stadtarchiv: Neubau und Aufarbeitung
Am 3. März 2009 stürzte das Kölner Stadtarchiv ein, zwei Menschen starben, unzählige Dokumente wurden vernichtet. 2017 wurde der Grundstein für ein neues Gebäude gelegt, der Strafprozess beginnt aber erst jetzt.
Unter Schutt begraben
2009 stürzte das Historische Archiv der Stadt Köln ein. Zwei Menschen starben, unzählige Dokumente wurden zerstört, darunter wertvolle Urkunden, mittelalterliche Handschriften und historische Fotos. Als Ursache werden Fehler beim U-Bahn-Bau vermutet. Inzwischen konnten, nach Angaben der Stadt Köln, rund 95 Prozent des Bestands geborgen werden.
Schätze der Stadtgeschichte
Diese Handschrift zeigt Auszüge aus den Stadtkölnischen Statuten von 1437. Es ist eine von vielen kostbaren mittelalterlichen Handschriften aus dem Archiv. Mehr als 1000 Jahre kölnischer, rheinischer und überregionaler Geschichte finden sich in den Beständen. Darunter sind auch Originaldokumente bekannter Persönlichkeiten wie Albertus Magnus, Napoleon Bonaparte und Konrad Adenauer.
Bergungsarbeiten unter großem Zeitdruck
Feuchte Archivalien spülten die Helfer zügig ab. Das war notwendig, um die nassen Dokumente von grobem Schmutz zu befreien. Zunächst ging es darum, Schäden zu beheben, die zu weiteren Schäden führen könnten. Die meisten Akten, Bücher und Einzelblätter sammelten Helfer unter großem Zeitdruck in der ersten Bergungsphase ein.
Aufsammeln, einpacken, schockgefrieren
Rund zehn Prozent der Akten befanden sich nach dem Archiv-Einsturz unterhalb des Grundwasserspiegels. Die Bergung jener Dokumente galt als zweite Bergungsphase. Die nassen Seiten wurden gereinigt, in Folie verpackt und anschließend bei -22°C schockgefroren. Zu einem späteren Zeitpunkt kann das Material mit einem speziellen Gefriertrockner wieder aufgetaut werden, ohne dass Feuchtigkeit entsteht.
Nach der Bergung folgt die Reinigung
Viele Dokumente sind verschmutzt, verformt oder eingerissen - und völlig durcheinandergewirbelt. Bevor Interessierte und Forscher wieder in den historischen Bänden blättern können, müssen die Seiten geordnet und vor allem gründlich gereinigt werden. Passiert das nicht, besteht die Gefahr, dass die durch Staub und Erde verunreinigten Seiten mit der Zeit zerbröseln.
Reinigung in Handarbeit
Selbst wenn Bücher nicht nass geworden sind, müssen sie gesäubert werden, bevor sie erneut archiviert und benutzt werden können. Deshalb wird jedes einzelne Objekt von den Restauratoren in die Hand genommen und von Schmutz befreit. Auch Schimmelsporen entfernen die Fachleute bei der Trockenreinigung. Mit Mundschutz und Handschuhen säubern sie das Material in Handarbeit.
Gründliche Trockenreinigung
Den Roman "Von zarter Hand" hat Johannes Richard zur Megede Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlicht. Der Titel ist exemplarisch für die Arbeit der Restauratoren: Auch sie müssen mit zarter Hand vorgehen. Dabei benutzen sie besondere Schwämme, Bürsten und Pinsel, um Staub und Erde von den Seiten zu lösen. Schmutz macht das Dokument porös und bewirkt, dass das Papier mit der Zeit zerfällt.
Wiederherstellung der Zeitzeugnisse
Schockgefrorene Archivalien werden in speziellen Anlagen schonend getrocknet und erst im trockenen Zustand von Schmutz und Staub gereinigt. Bücher erhalten einen neuen Einband, die einzelnen Seiten werden von den Restauratoren geglättet und zum Teil geflickt, damit sie geordnet, digitalisiert und von Forschern wieder als historische Quellen genutzt werden können.
Grenzen der Restaurierung
Zerstörte Siegel lassen sich mit den heutigen technischen Möglichkeiten nicht optimal restaurieren. Da sich das jedoch irgendwann ändern könnte, werden die Einzelteile aber erst einmal aufgehoben, erklärte die damalige Chefrestauratorin Nadine Thiel vom Historischen Stadtarchiv Köln 2011.
Eine Arbeit für Jahrzehnte
Experten und Helfer begutachten und restaurieren nicht nur Objekte aus Papier, sondern auch Filmrollen. Die Restaurierung der Bestände ist eine Mammutaufgabe: Frühestens in 30 Jahren, schätzt die Stadt Köln, könnten die Arbeiten abgeschlossen sein.
Ein neuer Ort für Kölns Geschichte
Parallel dazu ensteht - an anderer Stelle - ein neues Stadtarchiv. 2020 soll das neue Gebäude fertig sein. Es beherbergt dann nicht nur die geretteten Archivalien des 2009 eingestürzten Stadtarchivs, sondern auch das Rheinische Bildarchiv. Der Streit um den Einsturz des alten Archivs dauert derweil noch an, es gibt aber Zeitdruck: Im März 2019 droht die Verjährung.