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Köhler: "Das Monster ist noch nicht gezähmt"

5. Oktober 2009

Bundespräsident Horst Köhler fand anlässlich des 60. Gründungstags des Deutschen Gewerkschaftsbunds klare Worte: Die Finanzkrise sei nicht vorbei. Die Politik müsse mehr tun und die Finanzwelt ihre Verantwortung tragen.

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Bundespräsident Horst Köhler (Foto: AP)
Bundespräsident Horst Köhler: "Der Markt richtet nicht alles"Bild: AP

"Die ordnungspolitischen Vordenker unserer Sozialen Marktwirtschaft haben Recht behalten. Der Markt alleine richtet nicht alles zum Guten", sagte Bundespräsident Horst Köhler. Deshalb sei ein starker Staat erforderlich, der dem Marktgeschehen klare und wirksame Regeln und Grenzen setze. Köhler sprach am Montag (05.10.2009) beim Festakt zum 60-jährigen Bestehen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin.

Finanzkrise könnte sich wiederholen

Köhler warnte davor, die Finanzkrise bereits als beendet anzusehen. Er forderte, Lehren aus dem Einbruch der weltweiten Finanzmärkte zu ziehen. Denn nach wie vor seien etwa undurchsichtige Verträge und Spekulationen auf den Rohstoffmärkten zu beobachten, und immer noch bewege sich vieles in "Größenordnungen, die völlig unvorstellbar sind". Der Bundespräsident betonte: "Ich sehe das Monster noch nicht auf dem Weg der Zähmung."

Bundespräsident Horst Köhler, DGB-Chef Michael Sommer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: AP)
Köhler, Sommer und Merkel (v.l.) beim DGB-JubiläumBild: AP

Köhler verlangte, die Politik müsse mehr für eine bessere Weltfinanz- und Weltwirtschaftsordnung tun. Auch nach den Beschlüssen des G20-Gipfels in Pittsburgh könne er nicht erkennen, dass "sich eine Krise dieser Dimension auf den Weltfinanzmärkten nicht doch eines Tages wiederholen kann", sagte er. Das deutsche Staatsoberhaupt warnte zudem davor, einfach zu hoffen, dass Wachstum das Geschehene zudecken und vergessen machen könne. Auf das Prinzip Hoffnung könne man nicht setzen.

Finanzbranche denkt nicht über Krise nach

Der Bundespräsident kritisierte vor allem auch die "globalen Finanzakteure". Denn er könne bei jenen noch "keine tiefer gehende Selbstreflexion, das heißt ihr Nachdenken über die Krise im eigenen Haus, über die Wertkrise im eigenen Denken und Handeln" erkennen. Es sehe so aus, als ob die Branche die Politik in ihrem Bemühen, eine weitere Krise auszuschließen, im Regen stehen lasse. "Und die Diskussion darüber, wer die Kosten der aktuellen Krise eigentlich trägt, hat noch nicht einmal ernsthaft begonnen."

In seiner Rede hob Köhler hervor, dass die Gewerkschaften eine wichtige Rolle dabei spielten, die internationale Finanzkrise zu bewältigen. "Eine grundlegende Reform der Weltfinanzordnung verlangt auch die Beteiligung der Gewerkschaften." Er rief die Arbeitnehmervertreter auf: "Mischen Sie sich ein und schließen Sie Ihre Reihen auch über Ländergrenzen hinweg." Gleichzeitig sprach Köhler sich für mehr soziale Teilhabe und eine Kultur der Mitbestimmung in den Betrieben aus. "Arbeit für alle" müsse ein vorrangiges politisches Ziel bleiben.

Kein "Dinosaurier des Industriezeitalters"

Bundespräsident Horst Köhler (Foto: AP)
Köhler betonte, Gewerkschaften seien wichtig, um die Krise zu meisternBild: AP

DGB-Chef Michael Sommer rief die acht Mitgliedsgewerkschaften auf, die Errungenschaften der vergangenen sechs Jahrzehnte in der Tarifpolitik und der betrieblichen Mitbestimmung zu verteidigen. "Die Gewerkschaften und der DGB sind das Stärkste, was die Schwachen haben", sagte er. Sommer zählte mehr Verteilungsgerechtigkeit, die Durchsetzung des Prinzips gleicher Lohn für gleiche Arbeit und einen gesetzlichen Mindestlohn zu den wichtigen aktuelle Ziele des DGB. Man habe oft versucht, den DGB als "Dinosaurier des Industriezeitalters" und die Mitglieder als "Ewiggestrige" abzuschreiben. Das habe aber nicht funktioniert.

An dem Festakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt nahmen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sowie die Parteichefs von SPD und FDP, Franz Müntefering und Guido Westerwelle, teil.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, ap, afp)

Redaktion: Thomas Grimmer