Jüdisches Leben in Berlin
Wer sich für jüdische Kultur und Geschichte interessiert, findet in Berlin eine aktive jüdische Gemeinde und zahlreiche Orte, an denen Traditionen des Judentums lebendig sind. An die Vergangenheit erinnern Gedenkstätten.
Jüdische Kunst
Eine Plattform für jüdische Künstler bietet die Jüdische Galerie in der Chodowieckistraße im Prenzlauer Berg. Vor allem Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion präsentieren hier ihre Gemälde, Grafiken, Plastiken und Fotografien. Die Galerie hat viele von ihnen in Deutschland bekannt gemacht. Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens läuft derzeit eine Sonderausstellung.
Design aus Israel
Rockstar Marilyn Manson zählt zu seinen Kunden. Der Modemacher Itamar Zechoval aus Tel Aviv schneidert für Künstler, entwirft Kostüme für Film und Theater und kleidet ganze Hotelbelegschaften ein. Mystisch und verspielt ist seine Männermode: mal elegant, mal extravagant. Sein Label "Dandy of the Grotesque" hat seinen Sitz in der Gormannstraße in Berlin-Mitte.
Jüdisches Theater
Vom Kabarett mit Tucholsky-Satiren bis hin zu Lesungen von Texten, deren Autoren von den Nazis verfolgt wurden: Das jüdische Theater Bimah mit Sitz im Admiralspalast in Berlin-Mitte präsentiert sich mal heiter, mal nachdenklich. Seine neueste Produktion ist eine Revue mit bekannten Berliner Schlagern der 20er und 30er Jahre. Sie entstammen der Feder des jüdischen Komponisten Friedrich Hollaender.
Koschere Küche
Von Humus bis hin zu Matzeknödeln: Das Beth-Café in der Tucholskystraße in Berlin-Mitte verwöhnt seine Gäste mit zahlreichen israelischen und jüdischen Gerichten. Bekannt ist es außerdem für seine leckeren Kuchen und eine große Auswahl an Tee- und Kaffee-Spezialitäten. Alle Speisen und Getränke sind koscher zubereitet. Bei schönem Wetter wird auch im Hofgarten serviert.
Jüdische Waren
Ein Sammelsurium aus Spielzeug, Büchern und allerlei Schnickschnack kann man Levy’s Tabularium in den Hackeschen Höfen in Berlin-Mitte kaufen. Darüber hinaus gibt es hier auch Menoras (Chanukka-Leuchter) und Kippas (das traditionelle Käppchen für Männer). Im Sortiment finden sich außerdem koschere Weine, Kosmetik aus Israel und Fachliteratur zum Judentum.
Imposantes Gotteshaus
Die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße fungiert heute als jüdisches Kultur-, Dokumentations- und Veranstaltungszentrum. Das Gebäude beherbergt neben einem Archiv und einer Bibliothek eine Dauerausstellung zur Geschichte des Gotteshauses. Anlässlich des Themenjahres "Zerstörte Vielfalt" zeigt es drei Sonderausstellungen.
Lebendige Gemeinde
Mit 1200 Plätzen ist die Synagoge in der Rykestraße die größte in ganz Deutschland. Wegen der umstehenden Wohnhäuser wurde sie in der Pogromnacht 1938 zwar demoliert, jedoch nicht in Brand gesteckt. Zu DDR-Zeiten war die Synagoge das Zentrum der Ostberliner Gemeinde. Besucher können sie nach Voranmeldung oder zum wöchentlichen Schabbat-Gottesdienst besichtigen.
Ausstellungen und Seminare
In der Rosenthaler Straße 39 war früher die Blindenwerkstatt Otto Weidt. Ihr Inhaber beschäftigte Juden und bewahrte sie so vor der Deportation. Heute erinnert die Gedenkstätte "Stille Helden" an Deutsche, die während der Nazi-Zeit Juden halfen. Im selben Haus ist auch der Sitz des Anne-Frank-Zentrums. Es organisiert Ausstellungen und Schulungen, die sich vorrangig an Jugendliche richten.
Jüdische Biografien in Schöneberg
Die Dauerausstellung "Wir waren Nachbarn" im Rathaus Schöneberg erzählt die Lebensgeschichten von knapp 150 ehemaligen jüdischen Bewohnern des Viertels: unter ihnen Albert Einstein, Billy Wilder und Helmut Newton. Karteikarten an den Wänden listen Namen und letzte Anschrift aller 6000 deportierten Schöneberger Juden auf.
Gedenken im Gehweg
Mit Name, Geburtsdatum, Todestag und -ort erinnern diese Stolpersteine vor dem Haus Belziger Straße 37/39 in Berlin-Schöneberg an sieben seiner ehemaligen jüdischen Bewohner. Sie wurden Opfer der Nazis. In Berlin gibt es mehr als 4700 dieser Gedenksteine und auch in anderen deutschen Städten erinnern sie an das Schicksal jüdischer Nachbarn.
Gigantischer Gottesacker
Mit einer Fläche von 40 Hektar ist der Friedhof in Berlin Weißensee der größte, noch erhaltene jüdische Friedhof Europas. Die meisten Gräber stammen aus der Zeit vor 1933. Insgesamt fanden hier mehr als 115 000 Menschen ihre letzte Ruhestätte. Der Friedhof ist denkmalgeschützt und soll in diesem Jahr für die Aufnahme ins Welterbe vorgeschlagen werden.
Gräber aus Beton
"Mahnmal für die ermordeten Juden Europas" heißt es das Holocaust-Mahnmal eigentlich. Das wellenförmige Denkmal aus 2700 Betonquadern unweit des Brandenburger Tors erinnert an ein riesiges Gräberfeld. Ergänzend liefert ein Dokumentationszentrum unter der Erde den historischen Kontext. Es arbeitet unter anderem an einer Liste mit den Namen jüdischer Holocaustopfer.
Ungewöhnliches Flächendenkmal
Mit geführten Rundgängen oder auf eigene Faust kann man die "Orte des Erinnerns" im Bayrischen Viertel in Berlin-Schöneberg erkunden: 80 doppelseitige, an Laternenmasten angebrachte Schilder geben den Wortlaut zahlreicher Gesetze und Regelungen der Nazis wieder, die die schrittweise Diskriminierung und Entrechtung der Berliner Juden im Alltag zementierten.
Einzigartige Protestaktion
"Block der Frauen" nennt sich diese Skulptur der Künstlerin Ingeborg Hunziger in der Rosenstraße. Sie erinnert an die spontane Demonstration deutscher Frauen gegen die Verhaftung und Deportation ihrer jüdischen Männer. Im Februar/ März 1943 wurden sie hier in einem Sammellager festgehalten. Fast alle der 2000 Inhaftierten kamen nach wenigen Tagen wieder frei.
Besuchermagnet in Kreuzberg
Das Jüdische Museum in der Lindenstraße ist das größte Europas. Mit 750.000 Besuchern im Jahr gehört es zu den meistbesuchten Museen Berlins. Der zickzackförmige Neubau des Architekten Daniel Libeskind soll an einen geborstenen Davidstern erinnern. Das Museum beherbergt unter anderem eine Dauerausstellung zur 2000-jährigen deutsch-jüdischen Geschichte.