Justizministerin kritisiert katholische Kirche
23. Februar 2010Wenn es nach Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger geht, bleibt in der katholischen Kirche in Deutschland demnächst kein Stein mehr auf dem anderen. Sie fordert, dass die Verantwortlichen "endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mit aufklären." Die Kirchenvertreter hätten bislang nicht den Eindruck erweckt, dass sie auch nur bei Verdachtsfällen mit den Strafverfolgungsbehörden konstruktiv zusammenarbeiten wollten. "Es ist leider bisher nicht ersichtlich, dass sie ein aktives Interesse an wirklich rückhaltloser und lückenloser Aufklärung gezeigt haben, und deshalb muss natürlich überall da, wo nicht verjährt ist, das ganz klar erfolgen", sagte die Ministerin in einem ARD-Interview.
Verjährung befürchtet
"Es steht zu befürchten, dass auch in Deutschland viele dieser Missbrauchsfälle nicht mehr strafrechtlich geahndet werden können, weil sie verjährt sind", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Sie sei erschüttert über das Ausmaß der Fälle.
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte am Montag (22.02.2010) die Opfer sexuellen Missbrauchs an katholischen Schulen öffentlich um Vergebung gebeten. "Ich entschuldige mich im Namen der katholischen Kirche in Deutschland bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens geworden sind", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz (DBK), Robert Zollitsch, zum Beginn der DBK-Frühjahrsvollversammlung in Freiburg. Die katholische Kirche in Deutschland dringe auf eine umfassende Aufklärung. Zudem werde sie versuchen, den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen zu verbessern.
Konsequenzen angekündigt
Der gute Wille ist den katholischen Bischöfen nicht abzusprechen. Bereits im Jahr 2002 räumte die Bischofskonferenz ein, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen auch in der Kirche "zunehmend offenkundig" werde und veröffentlichte Leitlinien zum Vorgehen für solche Fälle. Doch genutzt hat das wenig, wie die immer neuen Missbrauchsvorwürfe zeigen. Die Frühjahrs-Vollversammlung der Bischöfe will aus dem Missbrauchsskandal Konsequenzen ziehen, wie Zollitsch ankündigte. Bei der Tagung in Freiburg, die noch bis Donnerstag (25.02.2010) dauert, werde die Konferenz unter anderem die Frage klären, ob sie einen Beauftragten für Missbrauchsfälle sowie Ansprechpartner für Missbrauchsopfer ernennt. Diese gibt es bislang nur in den einzelnen Diözesen sowie unter anderem auch bei dem vom Missbrauchsskandal besonders betroffenen Jesuiten-Orden. Bundesweit haben sich im Skandal um sexuellen Missbrauch an Jesuiten-Kollegs und anderen katholischen Schulen bislang etwa 120 Missbrauchsopfer gemeldet.
Verurteilung durch den Papst
Sexueller Missbrauch und Übergriffe hat es nicht nur in der katholischen Kirche in Deutschland gegeben, auch Irland wird von einem Missbrauchs-Skandal erschüttert. Dort waren bis in die 90er Jahre hinein Tausende Heimkinder von Kirchenleuten gequält und vergewaltigt worden. Bei einem Krisengipfel Mitte Februar im Vatikan hatte Papst Benedikt XVI. die irischen Bischöfe aufgefordert, Probleme in ihrer Kirche "mit Entschiedenheit, Ehrlichkeit und Mut" anzugehen. Das Kirchenoberhaupt hatte zum Abschluss des Treffens sexuellen Missbrauch durch Priester und Ordensleute als "abscheuliches Verbrechen und schwere Sünde, die die Menschenwürde verletzt" verurteilt.
Autorin: Pia Gram (dpa, apn, epd)
Redaktion: Martin Schrader