Juncker warnt vor Zerfall der Währungsunion
30. Juli 2012Die Euro-Länder müssten jetzt "mit allen Mitteln" ihre feste Entschlossenheit zeigen, die Finanzstabilität der Währungsgemeinschaft zu garantieren, sagte Jean-Claude Juncker der "Süddeutschen Zeitung". "Mister Euro", wie Juncker oft genannt wird, kündigte schnelle Maßnahmen an. Juncker nährt damit Spekulationen über ein Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB) - gemeint ist der Kauf von Staatsanleihen von Krisenländern wie Spanien und Italien, was deren Risikoaufschläge drücken könnte. EZB-Chef Mario Draghi hatte diese Möglichkeit bereits vorige Woche angedeutet. Im Interview lobte Juncker die Rolle Draghis, der wenige Tage zuvor angekündigt hatte, "alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten."
Scharfe Kritik in Richtung Berlin
Mit einigen deutschen Politikern ging Juncker derweil scharf ins Gericht. Die Spekulationen über einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone bezeichnete er als "Geschwätz". Vor einer Woche hatte der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit seiner Aussage, ein Austritt Griechenlands habe seinen Schrecken verloren, für großes Aufsehen gesorgt. Zwar stünde das Land immer noch in der Schuld, liefern zu müssen, sagte Luxemburgs Premier, aber "mit dem Ausschluss Griechenlands würden die Probleme nicht behoben". Er frage sich, warum sich Deutschland den Luxus erlaube, andauernd Innenpolitik in Sachen Eurofragen zu machen. "Warum behandelt Deutschland die Euro-Zone wie eine Filiale?", sagt der Eurogruppen-Chef. "Ich wundere mich immer wieder, dass man vor allem in der Bundesrepublik stets mahnt, wir müssen den Troika-Bericht abwarten. Aber schon bevor er da ist, erklärt man was drin steht."
Unterdessen hat auch Tony Blair Deutschland zur Rettung des Euro aufgerufen. Die Euro-Krise sei anders als frühere Krisen, schrieb der britische Ex-Premierminister, in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung von Montag (30.07.2012). "Sie ist für uns eine neue Erfahrung, am ehesten noch vergleichbar mit der Situation in den 1930er-Jahren. Sämtliche Alternativen sind unschön. Aber die beste dieser Alternativen für Europa, und insbesondere für Deutschland, besteht darin, den Euro zu retten."
Derzeit prüft die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF, welche Vorgaben Griechenland breits erfüllt hat und welche nicht. Der Bericht wird im Herbst erwartet. Erst danach wird über die Auszahlung weiterer Milliardenkredite aus dem Rettungspaket verhandelt.
Geithner trifft Schäuble und Draghi
Vor diesem Hintergrund fordern die USA von den Europäern erneut schnellere Schritte im Kampf gegen die Schuldenkrise. An diesem Montag trifft sich US-Finanzminister Timothy Geithner mit seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble. Anschließend reist er zu Gesprächen mit dem Chef der EZB, Mario Draghi, nach Frankfurt.
rb/se (rtr, Süddeutsche Zeitung)