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Johannes Paul II. seliggesprochen

30. April 2011

Papst Benedikt XVI. hat seinen Vorgänger Johannes Paul II. seliggesprochen. Die feierliche Messe in Rom wurde von einer Million Pilger und Touristen aus aller Welt verfolgt.

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Papst Johannes Paul II (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Unter nur leicht bewölkten Himmel hatten sich am Sonntag (01.05.2011) etwa 90 hochrangige Delegationen aus aller Welt für die Seligsprechung eingefunden, darunter 16 Staatspräsidenten sowie Vertreter von 5 Königshäusern.
Bei der feierlichen Messe würdigte Papst Benedikt XVI. den unerschütterlichen Glauben und die starke Spiritualität von Johannes Paul II. Sein Gedenktag soll in Zukunft am 22. Oktober gefeiert werden - dem Jahrestag seiner Ernennung zum Papst 1978.

Zwei Nonnen präsentierten der Menge eine Monstranz mit einer Ampulle, die das Blut von Johannes Paul II. enthält. Nach der Seligsprechung dürfen Katholiken in aller Welt das Blut des verstorbenen Papstes verehren. Nach der Zeremonie brandete auf dem Petersplatz großer Jubel auf, als am Petersdom ein großes Foto von Johannes Paul II. enthüllt wurde.

Seligsprechung in Rekordzeit

Papst Benedikt XVI. fährt durch die Besuchermenge in Rom (Foto: AP)
Eine Million Menschen verfolgten die SeligsprechungBild: AP

Zahlreiche Helikopter überflogen das Areal, während im nahegelegenen Fluss Tiber Polizeiboote im Einsatz waren. Rund 5.000 Sicherheitskräfte patrouillierten entlang den Absperrungen, um sicherzustellen, dass Priester, Würdenträger und geladene Gäste zu ihren Plätze gelangen konnten.

Das Seligsprechungsverfahren war in Rekordzeit abgewickelt worden. Ein wichtiger Grund dafür war eine Wunderheilung, die der Papst nach seinem Tod erwirkt haben soll: Die Genesung der französischen Ordensschwester Marie Simon-Pierre.

Nachdem sie ihn in den Monaten nach seinem Tod in Gebeten um Hilfe angefleht hatte, soll die Schwester plötzlich von der Parkinson-Krankheit geheilt gewesen sein. Unter dieser neurologischen Erkrankung litt auch Johannes Paul II. Schon im Mai 2005 - unmittelbar nach dem Tod seines Vorgängers - hatte Papst Benedikt XVI. das Verfahren zur Seligsprechung eingeleitet.

Wenn Himmel und Erde sich berühren

Ludwig Ring-Eifel ist Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur in Bonn (Foto: DW)
Ludwig Ring-Eifel ist Chefredakteur der Katholischen NachrichtenagenturBild: DW

Ludwig Ring-Eifel, Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur KNA, sieht in der Seligsprechung einen "Vorgang, der zeigt, wie Himmel und Erde sich berühren. Es geht darum, den Menschen, die jetzt leben, einen anderen Menschen, der vor ihnen gelebt hat und verstorben ist, als Vorbild darzustellen."

Selig- und Heiligsprechungen gibt es schon seit dem frühen Christentum. Anfangs bestimmte das Volk, wer für sie ein Seliger oder ein Heiliger war. Seit dem 12. Jahrhundert darf nur noch der Papst eine Person offiziell seligsprechen. Die Seliggesprochenen gelten dann als Vorbilder für die Kirche eines Landes, eines Bistums oder einer Gemeinschaft.

Seligsprechungen nicht am Fließband

Das Verfahren wird vom zuständigen Orts-Bischof eingeleitet. Dabei wird untersucht, inwieweit der Betreffende nach seinen Charaktereigenschaften und Tugenden als Vorbild geeignet ist und als wundertätig gelten kann. Bei Johannes Paul II. hat die päpstliche Ärztekommission eine solche Wundertätigkeit anerkannt. Auch jemand, der wegen seines Glaubens getötet wurde und so ein Martyrium erlitten hat, kann seliggesprochen werden.

Beim Vatikan in Rom gibt es die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse ("Congregatio de Causis Sanctorum"). Deren Mitglieder sind vom Papst berufene Kardinäle und Bischöfe. Gemeinsam mit Wissenschaftlern und Ärzten überprüfen sie unter anderem den "Ruf der Wundertätigkeit".

September 2002: Kardinal Ratzinger (heute Papst Benedikt XVI) mit Johannes Paul II. (Foto: AP)
September 2002: Kardinal Ratzinger (heute Papst Benedikt XVI) mit Johannes Paul II.Bild: AP

Bei der Seligsprechung geht es jedoch nur selten so schnell wie bei Papst Johannes Paul II.. Matthias Kopp von der Deutschen Bischofskonferenz betont, Selig- oder Heiligsprechungen seien eben keine Fließbandproduktionen: "Dabei denken sich schon viele Theologen etwas, wenn sehr ausgiebig und sehr individuell geprüft wird."

Forderungen nach "Santo subito" erfüllt

Ein Verfahren zur Seligsprechung wird normalerweise erst fünf Jahre nach dem Tod eröffnet. Diese Wartefrist wurde bei Johannes Paul II. auf drei Monate verkürzt. Viele Katholiken hatten schon direkt nach seinem Tod auf eine Heiligsprechung gedrängt.

Kirchenjournalist Ludwig Ring-Eifel erklärt, bei einem Papst fließe alles zusammen: "Er muss menschlich vorbildlich gewesen sein. Er muss aber auch ein guter Papst gewesen sein, und seine Lehre steht auch besonders im Vordergrund. Er ist ein Lehrer der Kirche, er ist ein politischer Führer der Kirche, und er ist ein geistlicher Führer der Kirche."

Brückenbauer der Religionen und Kulturen

8. April 2005: Gläubige auf dem Petersplatz in Rom (Foto: AP)
8. April 2005: Gläubige auf dem Petersplatz in RomBild: AP

Fast eine Generation lang - von 1978 bis 2005 - war Johannes Paul II. das Oberhaupt und das Gesicht der katholischen Kirche. In seiner Amtszeit hatte er immer wieder Brücken zwischen Religionen, Völkern und Kulturen gebaut - gemäß seinem Titel als "Pontifex maximus" (zu deutsch: "größter Brückenbauer"). Zudem hat Johannes Paul sogar Weltgeschichte bewegt. So wurde ihm ein großer Einfluss auf die Demokratisierung seines Heimatlandes Polen zugeschrieben.

Während seiner Amtszeit haben der Staat Israel und der Vatikan diplomatische Beziehungen aufgebaut, und als Zeichen seiner interreligiösen Toleranz küsste er im syrischen Damaskus den Heiligen Koran der Muslime.

Johannes Paul II. war als Papst aber auch umstritten. Vor allem seine Öffnung gegenüber anderen Religionen halten sehr konservative Kreise in der katholischen Kirche bis heute für einen Fehler, so Ludwig Ring-Eifel.

Politik soll nicht allein seligmachend sein

Oktober 2001: Johannes Paul in Syrien (Foto: AP)
Oktober 2001: Johannes Paul II. in SyrienBild: AP

Auch die Seligsprechungen sind immer wieder umstritten. So dauert das Verfahren zur Seligsprechung von Erzbischof Romero aus dem mittelamerikanischen El Salvador noch immer an. Der Grund: Im Vatikan ist man nicht sicher, warum Romero 1980 getötet wurde. Er sympathisierte mit der linken Bewegung und war so eine Zielscheibe für die Rechten. In solchen Fällen versucht der Vatikan, politische Aspekte auszusortieren - sie dürften nicht zur Seligsprechung beitragen.

"Auch wenn jetzt Johannes Paul II. seliggesprochen wird, darf das nicht in erster Linie eine politisch-nationale, polnische Angelegenheit sein", erklärt Ludwig Ring-Eifel. "Entscheidend ist, dass dieser Mensch nach unserem Wissen, nach unserem Glauben, jetzt schon bei Gott ist."

Autoren: Irem Özgökceler/Hajo Felten (kna, dpa, afp)
Redakteur: Jochen Vock