1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Musik

Vor 50 Jahren starb Jim Morrison

3. Juli 2021

Rockstar, Poet, Sexsymbol - 50 Jahre nach seinem Tod hat der Mythos Jim Morrison nichts von seiner Faszination eingebüßt. Doch wer war der Mensch dahinter?

https://p.dw.com/p/3vrZc
Jim Morrison 1971 streckt seinen Arm nach vorn
Jim Morrison reihte sich mit seinem frühen Tod in den Club 27 einBild: Imago Images/Zuma

Er war ein vielseitig begabter Künstler, ein charismatischer Frontmann, ein begehrter Liebhaber - auf dem Zenit seiner Karriere war Jim Morrison der Inbegriff des erfolgreichen Rockstars. Ein unbequemer Rockstar, der das prüde Amerika der damaligen Zeit schockierte und die Jugend faszinierte.

Doch hinter dieser Maske des Erfolgs stand ein Mann, der oft depressiv, exzessiv, verschlossen und rebellisch sein konnte. Sein ausschweifender Drogen- und Alkoholgenuss wird mit ein Grund dafür sein, warum der Musikpoet im Alter von nur 27 Jahren starb. Bis heute ranken sich zahlreiche Legenden um seinen Tod, der sich am 3. Juli zum 50. Mal jährt. 

"Wild child full of grace, Savior of the human race"

Der extrovertierte Bühnen-Morrison hat wenig zu tun mit dem eher introvertierten Jungen James Douglas Morrison, der am 8. Dezember 1943 in Melbourne, Florida zur Welt kommt. Als Sohn eines Navy-Soldaten ist Jim an häufige Ortswechsel gewöhnt: Mit 16 Jahren ist er bereits 18 Mal umgezogen und hat mit seiner Familie in neun verschiedenen Bundesstaaten gelebt. Das Verhältnis zu seinen jüngeren Geschwistern Anne und Andy ist dementsprechend eng - sie geben einander Halt und bilden eine Konstante.

Gedenktafel zu Ehren von Jim Morrison in Venice Beach, Los Angeles
In Venice Beach, Los Angeles, lebt Morrison weiterBild: A. Steffes-Halmer/DW

Konstanz und Halt findet Morrison auch in seinen Büchern und in seiner Kunst - schon früh übt er sich im Zeichnen und Schreiben und entdeckt die Musik für sich. Später kommt die Leidenschaft für den Film hinzu. Als Kind ist Morrison ein fleißiger Schüler, er ist Pfadfinder und sogar Klassensprecher. Doch gegen Ende der High School verschließt er sich mehr und mehr: "Ich hatte das Gefühl, dass mir Scheuklappen angelegt wurden, als ich älter wurde", äußert er sich einmal: "Wenn man die Schule besucht, geht man ein bestimmtes Risiko ein. Man kann dort viel lernen, aber man kann auch großen Schaden davon tragen."

"Let's swim to the moon"

Aus dem stillen Jungen wird ein umtriebiger junger Mann, der in Los Angeles seiner Filmleidenschaft nachgeht. Das Studium am Theatre Arts Department der UCLA liegt ihm allerdings eher wenig, wie er nach kurzer Zeit feststellen muss. Aber er lernt dort den vier Jahre älteren Ray Manzarek kennen. Sie beginnen Musik zu machen: Manzarek am Klavier oder der Orgel, Morrison als Sänger und Songschreiber.

Zu seinen ersten Liedern gehört "Moonlight Drive", eine mehrdeutige Weise, je nach Auslegung poetisch oder morbide, entstanden in der Zeit, als Morrison auf dem Dach eines dreistöckigen Hauses in Venice Beach kampierte und dem LSD sehr zugeneigt war. Ohnehin ist der damals 21-jährige Morrison sehr daran interessiert, die "Pforten der Wahrnehmung" zu durchbrechen. Mit den "Doors of Perception", inspiriert nach einem Buchtitel von Aldous Huxley, ist der Bandname gefunden. Mit John Densmore und Robby Krieger bald darauf auch Schlagzeuger und Gitarrist.  

The Doors 1968 werden am Flughafen von Pressefotografen gekipst: Von rechts nach links: John Densmore, Robby Krieger, Jim Morrison und Ray Manzarek
The Doors 1968. Von rechts nach links: John Densmore, Robby Krieger, Jim Morrison und Ray ManzarekBild: Express/Getty Images

Die junge Band tourt durch die Clubs L.A.s. Es dauert eine Weile, bis ihnen Electra ein Plattenvertrag anbietet und die Band 1966 innerhalb von nur einer Woche ihr Debütalbum in Sunset Sound Recording Studios aufnimmt. Die zweite Singleauskopplung, "Light My Fire" aus der Feder von Robby Krieger, wird ein Erfolg und klettert 1967 an die Spitze der Charts.

Mit ihrem orgellastigen psychedelischen Blues-Rock erschafft die Band ihren ganz eigenen Sound. Morrisons Texte gehen tief, sind mystisch, provokant. Oft entwickelt er sie auf der Bühne weiter, was ihn auch für seine Bandmitglieder unberechenbar macht. So greift er beispielsweise eines Abends im "Whiskey a Go Go" das Ödipus-Thema auf und singt bei "The End" davon, dass er seinen Vater umbringen und Sex mit seiner Mutter wolle. Der Club wirft die Band raus. Das war 1966. 

"Break On Through To The Other Side"

Es wird nicht der letzte Eklat bleiben, den Morrison den Doors in den vier darauffolgenden Jahren beschert. Ihre Livekonzerte sind berüchtigt und machen ihren Bandmythos aus. Im Mittelpunkt der Perfomances steht immer Jim Morrison: Er hat eine Bühnenfigur erschaffen, die bei Frauen wie Männern gleichermaßen Begehrlichkeiten weckt. In seinen engen schwarzen Lederhosen tanzt er wie in Trance zu den Beats der Musik, inszeniert sich wie einen Schamanen. Ein anderes Mal hält er inne und beginnt Gedichte zu rezitieren, dann wiederum wirft er sich ohne Vorwarnung einfach in die Menge.

Jim Morrison, Bandleader von The Doors, auf der Bühne
"I am the Lizard King and I can be anything" - Morrison bezeichnete sich selbst häufig als "Eidechsenkönig"Bild: Manfred Rehm/dpa/picture alliance

Bei einem Konzert in Miami treibt es Morrison 1969 auf die Spitze. Zu diesem Zeitpunkt ist er Drogen und Alkohol schwer verfallen, seinen Bandkollegen gegenüber ist er unzuverlässig, dem Publikum gegenüber mitunter aggressiv - so auch an diesem Abend: Er ist schon völlig betrunken, als er die Bühne des Dinner Key Auditorium, einem vormaligen Hangar für Wasserflugzeuge, betritt. "Ihr seid alle ein Haufen Idioten. Ihr seid ein Haufen Sklaven, Mann", ruft er dem Publikum zu.

Wenig später fragt er sie, ob die Zuschauer seinen Penis sehen wollen. Er öffnet seinen Gürtel so weit, dass seine Unterwäsche hervorlugt. Es kommt zu einem Aufruhr zwischen Morrison, der Polizei und den Zuschauern, der Abend versinkt im Chaos.

Jeder aus dem Umfeld des Sängers beschwört später, dass Morrisons Genitalien gar nicht zu sehen waren, aber sein Auftritt reichte, um die Sittenwächter des prüden Amerikas auf den Plan zu rufen. Das FBI verhängt einen Haftbefehl gegen ihn, sein Verfahren beginnt Ende August 1970. Er wird schuldig bekannt, sich in der Öffentlichkeit entblößt zu haben und zu Zwangsarbeit im Dade-County-Gefängnis verurteilt. Gegen 50.000 Dollar Kaution kommt er allerdings auf freien Fuß. Seine Strafe wird er nie verbüßen.

"L.A. Woman, you're my woman"

Morrison ist am Ende - das weiß er, das wissen seine Bandkollegen. Er ist für das Rockstarleben nicht geschaffen und empfindet sich selbst als Schriftsteller, als Dichter. Um seine Auftritte zu überstehen, dröhnt er sich jeden Abend zu. Er will aussteigen, doch auf Bitten Manzareks gibt er der Band weitere sechs Monate, um ihr sechstes und letztes Studioalbum aufzunehmen: "L.A. Woman". Es ist das einzige Album, auf das keine Tournee folgen sollte. 

Im Frühjahr 1971 zieht sich Morrison zu seiner langjährigen Freundin Pamela Courson nach Paris zurück. Zu diesem Zeitpunkt ist sein Gesundheitszustand bereits denkbar schlecht: Er hustet des öfteren Blut - so auch in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli. Seine Freundin lässt ihm ein Bad ein und legt sich wieder schlafen. Eine Stunde später wird sie wach und findet Jim Morrison leblos in der Badewanne ihres Pariser Apartment an der 17 rue Beautreillis. Tod durch Herzinfarkt.

"This is the End, my only friend"

So zumindest die offizielle Version. Viele Fans und Biografen sind der Meinung, dass Courson diese Story nur erfunden hat. Sie selbst war heroinabhängig. Morrison soll mit ihr konsumiert haben und an einer Überdosis gestorben sein. Eine andere Theorie besagt, dass Morrison seinen Tod nur inszeniert habe, dass der Sarg, der vier Tage später zum Pariser Cimetière du Père-Lachaise getragen wurde, leer war.

Pamela Courson blieb bis zu ihrem Tod bei ihrer Version der Geschichte. Sie starb keine drei Jahre nach Jim Morrison und wurde wie er nur 27 Jahre alt. Die restlichen Bandmitglieder lösten sich 1972 auf.

Anfang der 2000er versuchten Ray Manzarek und Robby Krieger eine Reunion und holten sich Sänger Ian Astbury, vormals Frontmann bei "The Cult", an Bord. Aber "The Doors of the 21th Century" blieben ohne nennenswerten Erfolg. Den Mythos ihrer Band begründeten sie in den vier Jahren von 1967 bis 1971, in denen sie sechs Alben herausbrachten. Einen Mythos, in dessen Mittelpunkt immer Jim Morrison stand und auch 50 Jahre nach seinem Tod steht. 

Death makes angels of us all
And gives us wings
Where we have shoulders
Smooth as raven's claws.
 

Jim Morrison in dem Gedichtband "An American Prayer".

Annabelle Steffes-Halmer | provisorisches Kommentarbild
Annabelle Steffes-Halmer Autorin, Redakteurin, Videojournalistin und Trainerin