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Jhon Córdoba: "Wir vermissen die Fans sehr"

Julieth González Therán
15. Juni 2020

An Jhon Córdoba liegt es nicht, dass der 1. FC Köln nach der Corona-Pause den Schwung verloren hat. Im DW-Interview äußert sich der Torjäger über Geisterspiele, Rassismus und seinen Weg in das Nationalteam Kolumbiens.

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Fußball Bundesliga Jhon Cordoba
Bild: Getty Images/AFP/M. Meissner

Jhon Córdoba hat wieder getroffen. Am 31. Spieltag erzielte der kolumbianische Stürmer erneut ein Tor für den 1. FC Köln, konnte die 1:2-Heimniederlage gegen den 1. FC Union Berlin aber nicht verhindern. Es war bereits der 13. Saisontreffer des 27-Jährigen, der damit auf Position sechs der Bundesliga-Torjägerliste steht (in Führung liegt mit großem Vorsprung Bayern-Stürmer Robert Lewandowski mit 30 Treffern).

DW: Was ist mit Jhon Cordoba passiert? Sie haben in dieser Spielzeit mehr Tore erzielt als in allen Ihren bisherigen Bundesliga-Saisons.

Jhon Córdoba: Das ist wohl auf einen Reifeprozess zurückzuführen. Die Tatsache, dass ich in der zweiten Liga spielte, hat mir geholfen, das Vertrauen in meine Torgefährlichkeit zurückzugewinnen und es in der ersten Liga besser zu machen.

Der 1. FC Köln ist eine Mannschaft, die auch von den Emotionen der Fans lebt. Wie fühlt es sich an, in einem leeren Stadion zu spielen?

Wir vermissen die Fans sehr. Aber es geht an erster Stelle um die Gesundheit aller Beteiligten. Wir hoffen sehr, dass sich alles wieder normalisiert, damit die Fans in die Stadien zurückkehren können.

Sind die aktuellen Niederlagen des 1. FC Köln auch auf die Abwesenheit Ihrer Fans zurückzuführen?

Sehr sogar. Normalerweise spielen wir alle 14 Tage vor 50.000 Menschen. Es ist ein Stadion, in dem man emotional sehr gepusht wird.

Was war Ihre erste Reaktion, als Sie zum ersten Mal von der Corona-Zwangspause in der Bundesliga gehört haben?

Ich dachte an die Gesundheit meiner Familie und an mich selbst. Ich dachte, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht. Ich habe es sehr ruhig aufgenommen.

Fußball Jhon Cordoba
Jhon Córdoba mit Partnerin Anabel und der gemeinsamen Tochter IsabellaBild: DW/J.G. Theran

Das Coronavirus könnte eine Zeitenwende im Fußball einleiten. Glauben Sie, dass der Fußball und auch die Gesellschaft ihre Lektion gelernt haben?

Ich denke, es ist eine großartige Lektion, denn diese Situation hat uns alle als Gesellschaft geeint. Gleichzeitig wurden wir von denen getrennt, die wir am meisten lieben. Ich denke, wir alle müssen unseren Teil dazu beitragen, die Regeln respektieren und dafür sorgen, dass alles gut läuft.

Fürchteten Sie während der Corona-Pause, dass die Saison nicht wieder losgehen könntet? Sie und Ihre Mannschaft hatten schließlich gerade einen richtigen Lauf.

Ja, klar. Es waren fast zwei Monate ohne Aktivitäten. Wir haben aus dieser Zeit das Beste gemacht, und wir werden am Ende auch das Beste herausholen.

Wie war dann das erste Spiel ohne Fans?

Überhaupt nicht gut. Es wirkte wie ein Freundschaftsspiel, die Schreie meiner Teamkollegen waren im Stadion deutlich zu hören. Mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt.

Kann es nicht auch motivieren, wenn man die einzelnen Zurufe des Trainers und der Mitspieler besser versteht?

Nun ja, man hört mehr alles zusammen. Der Trainer ist deutlich zu vernehmen. Er glaubt an uns, er bereitet uns in der Woche vor. Auf dem Spielfeld haben wir viele Freiheiten.

Was hat Markus Gisdol bewirkt, seitdem er Mitte November den Posten des Trainers übernommen hat?

Vor dem Coronavirus-Stopp haben wir neun Spiele in Serie gewonnen, das zeugt von seinem positiven Einfluss auf die Mannschaft. Jetzt haben wir nicht die beste Phase, aber wir hoffen, die Saison bestmöglich zu beenden.

Sie sprachen über das Vertrauen, das Gisdol dem Team entgegenbringt. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?

Sehr gut, er ist ein Trainer, der nicht distanziert ist. Er hat großes Vertrauen in meine Fähigkeiten. Er lässt mir den Raum, mich zu entfalten. Ich mache seine Übungen im Training, folge seinen taktischen Vorgaben, aber auf dem Platz muss ich selbst entscheiden.

Fußball Bundesliga Jhon Cordoba
Auf Torjäger Cordoba ist Verlass: Gegen Union Berlin gelang ihm sein 13. SaisontrefferBild: Getty Images/A. Scheuber

Zu Gisdols Vorgaben gehört auch das Spiel nach hinten.

Wir spielen hoch in der gegnerischen Hälfte [Pressing - Anm. d. Red.]. Ich habe mich an dieses Spiel gewöhnt. Ich denke, es gibt mir die Möglichkeit, gut zu spielen und auch gut abzuschneiden.

Aktuell wird weltweit gegen Rassismus demonstriert. Auch in der Liga gab es entsprechende Aktionen. Wie denken Sie darüber?

Es ist schade, dass wir im 21. Jahrhundert noch Rassismus erleben müssen. Ich hoffe, das wird sich ändern, denn wir sind alle gleich.

Sie stammen aus Kolumbien, einem Land mit einem großen Rassismus-Problem. Welche Erfahrungen haben Sie persönlich als Profi mit dem Rassismus gemacht?

Ich habe nur ein Jahr in Kolumbien gespielt und nie eine solche Erfahrung gemacht. Vielleicht war ich damals einfach zu jung, um diese Dinge zu erkennen.

Sie wurden für die kolumbianische Nationalmannschaft nominiert, dann kam die Corona-Pause. Was ging Ihnen da durch den Kopf?

Ich habe es sehr ruhig aufgenommen. Ich glaube an Gott, und ich dachte einfach, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht. Ich hoffe nur, dass sich alles wieder normalisiert. Ich vertraue in meine Fähigkeiten und hoffe, dass ich irgendwann auch für die kolumbianische Nationalmannschaft spielen werde.

Wie hoch bewerten sie Ihre Chance, bei der nächsten Copa América 2021 für Kolumbien auf Torejagd zu gehen?

Ich arbeite einfach gut und ruhig weiter. Ich hoffe, mein Niveau halten zu können. Ich werde mein Bestes geben, um dabei zu sein.

Was kann Jhon Córdoba in die kolumbianische Nationalmannschaft einbringen?

Viel Kraft und viele Tore.

Jhon Córdoba wurde 1993 in der Stadt Istmina im Westen Kolumbiens geboren. Der Stürmer spielte in Mexiko und Spanien, ehe er 2015 zum Bundesligisten FSV Mainz 05 wechselte. Seit 2017 steht er beim 1. FC Köln unter Vertrag. In der laufenden Bundesliga-Saison hat der 27-Jährige bereits 13 Tore erzielt.

Das Interview führte Julieth González Therán.